piwik no script img

Umkämpfte Fahne der Separatisten

In Indonesiens Provinz Irian Jaya wachsen die Spannungen zwischen Separatisten und dem Militär

BANGKOK taz ■ Wer Unabhängigkeit für Irian Jaya fordert, begehe „Verrat“, hatte Indonesiens Regierung gewarnt und schwere Strafen angedroht. Zahlreiche Soldaten waren in die östlichste Provinz entsandt und prominente Regierungskritiker verhaftet worden. Dennoch versammelten sich gestern tausende Menschen in der Hauptstadt Jayapura und anderen Orten, um eines Ereignisses vor genau 39 Jahren zu gedenken: Damals hatten einige Papuas die Unabhängigkeit erklärt. In der Provinz wehte vielerorts der „Morgenstern“, die Fahne der Separatisten. Obwohl die Kundgebungen zunächst friedlich verliefen, war die Situation hoch gespannt. Denn die Regierung hatte verlangt, die Fahnen bis gestern Nacht wieder einzuholen.

Der Kampf um die Flagge ist zum Symbol für den Widerstand gegen Jakarta geworden. In den vergangenen Wochen sind dabei über 40 Menschen getötet worden. Irian Jaya oder West-Papua, wie die Separatisten sagen, gehört zu den Brennpunkten im von Unabhängigkeitsbestrebungen erschütterten Indonesien. Für Jakarta ist eine Trennung undenkbar: Die Region mit ihren tropischen Wäldern beherbergt mit der US-Firma Freeport-McRoran, die dort die weltgrößten Kupfer- und Goldvorkommen ausbeutet, Indonesiens größte Steuerzahlerin.

Die UNO hatte West-Papua 1962 von den Niederlanden übernommen und Indonesien zur Verwaltung übergeben. Jakarta annektierte die Region sieben Jahre später. Vorausgegangen war eine manipulierte Abstimmung durch 1.025 handverlesene Stammesälteste.

Zwischen den 1,2 Millionen Ureinwohnern und 900.000 Zuwanderern aus Java und anderen Teilen Indonesiens wachsen die Spannungen. Die Ureinwohner bestehen aus über 200 Sprachen- und Volksgruppen, von denen viele kaum Kontakt zur Außenwelt haben. Aus Angst vor Übergriffen flohen in den letzten Tagen viele Javaner in Nachbarprovinzen. Als ob sie vom Debakel in Osttimor nichts gelernt hätten, wollen Regierung und Militär mit ähnlichen Methoden die Separatisten stoppen: Nach einem inzwischen bekannt gewordenen Plan des Ministeriums für Nationale Einheit sollen in allen Dörfern proindonesische Milizen gebildet werden. In Osttimor hatten solche Milizen die Bevölkerung terrorisiert.

Die Unabhängigkeitsbewegung ist gespalten. Eine kleine Gruppe versucht, Konfrontationen mit dem Militär zu provozieren, das mit dem Kriegsrecht für die Region liebäugelt. Auf der anderen Seite hat sich im Frühjahr ein Rat unter dem Prediger Theys Eluay gebildet, der einen friedlichen Dialog favorisiert. Eluay war vor der gestrigen Kundgebung von der Polizei verhört worden. JUTTA LIETSCH

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen