: Wagners wendet Wagen nicht
Viele Straßen, ein paar Schienen und Radler nur dort, wo sie nicht stören: Hamburger Verkehrsentwicklungsplan vorgestellt ■ Von Sven-Michael Veit
Hamburgs RadfahrerInnen speist der rotgrüne Senat aus der Portokasse ab. 80 bis 100 Milli-onen Mark sieht der gestern vorgestellte Verkehrsentwicklungsplan in den nächsten zehn Jahren für die Verbesserung der Radwege in der Stadt vor. Das sind knappe 1,5 Prozent des Gesamtvolumens von 6,4 Milliarden Mark, die für die Realisierung aller Projekte erforderlich wären. Davon sind gut drei Milliarden Mark für den Straßenbau veranschlagt und mit etwa 3,3 Milliarden immerhin etwa mehr als die Hälfte für Schienenverbindungen.
„Wir sind auf dem richtigen Weg“, behauptete Verkehrssenator Eugen Wagner (SPD) gestern dennoch bei der Vorstellung des 130-Seiten-Werkes (Auszug Maßnahmenkatalog rechts). Was insofern zutrifft, als der Plan „zwei grundlegende Ziele verfolgt“: Die Schaffung der „nötigen Voraussetzungen für den Wirtschaftsverkehr“, in welche zweitens „die Belange des Umweltschutzes und des Wohnumfeldes abgewogen mit einfließen“ sollen. Womit unmissverständlich deutlich wird, welches Ziel Wagners wesentliches ist.
Vor Jahr und Tag, am 1. Dezember 1999, hatte Wagner den Entwurf des Planes vorgestellt. Dieser war von allen Seiten heftigst kritisiert worden. Während die Handelskammer „den Wirtschaftsverkehr auf die Standspur verbannt“ wähnte, vermissten Umweltverbände jedes Anzeichen für eine ökologische Verkehrswende. In mehr als einem halben Dutzend öffentlicher Anhörungen mit Experten, Interessengruppen und Politikern war der Entwurf daraufhin überarbeitet und gestern vom Senat als „Leitlinie und Handlungskonzept“ verabschiedet worden.
In vielen Teilen, die nicht dem Straßenausbau dienen, bleibt das Handlungskonzept allerdings vage. Für die seit Jahren diskutierte Wiedereinführung der Stadtbahn – das größte Projekt des öffentlichen Nahverkehrs in Hamburg – gibt es weiterhin lediglich Absichtserklärungen. So soll zwar im nächsten Jahr das Planfeststellungsverfahren für die erste rund sieben Kilometer lange Strecke zwischen Hauptbahnhof und Steilshoop via City Nord beginnen. Mit dem ers-ten Spatenstich, räumte Wagner ein, sei aber nicht vor 2005 zu rechnen. Und zwar nur, wenn bis dahin „im Lichte der Erkenntnisse aus diesem Verfahren eine Grundsatzentscheidung“ für das gesamte 40 Kilometer lange Netz mit vier Strecken gefallen sei: „Nur die eine Route rentiert sich ja nicht.“
Der Koalitionspartner GAL nannte den Plan gestern zurückhaltend ein „brauchbares Kursbuch“ und die Handelskammer lobte den Ausbau der Ringe 2 und 3. Der BUND hingegen findet das Werk „halbherzig“, der Regenbogen vermisst weiterhin „die Verkehrswende“ und die CDU ist schlicht „enttäuscht“.
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