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Der letzte Tag von Prenzlauer Berg: Lokalpatriot Thierse schreit auf, doch er kann es nicht verhindern. Statt „Dritter Bezirk“ oder „Nordost“ wird der fusionierte Großbezirk im Nordosten Pankow heißen

von GEREON ASMUTH

Kreuzberg wird ein Anhängsel von Friedrichshain, Schöneberg eins von Tempelhof. Und mit Prenzlauer Berg verschwindet am 1. Januar 2001 der dritte Szenebezirk gleich ganz vom Berliner Stadtplan. Das hat die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) der fusionierten Stadtteile Prenzlauer Berg, Pankow und Weißensee am Mittwochabend beschlossen. Der Großbezirk wird schlicht „Pankow“ heißen.

Damit wird die Arbeit einer Jury zur Namensfindung auf den Kopf gestellt. Die war angetreten, um aus über 1.000 Vorschlägen von Bürgern eine Auswahl für die BVV zu treffen. Um keinen bisherigen Bezirk zu bevorzugen, plädierte die Jury für übergreifende Namen wie „Kollwitzbezirk“, „Nordost“ oder „Spitze“.

Doch für den Fraktionsvorsitzenden der SPD Pankow, Helmut Hampel, sind das nur „Laubenpiepernamen“, nicht geeignet für einen Bezirk mit einer Einwohnerzahl wie Dresden oder Leipzig. Hampel, selbst Mitglied der Jury, beantragte in der BVV erfolgreich die Erweiterung der Namensliste um „Pankow“. Das sei einer der ältesten Ortsnamen der Stadt. Viel älter auch als „Prenzlauer Berg“ oder „Weißensee“, die erst bei der letzten Bezirksrefom 1920 eingeführt wurden. Im vierten Wahlgang setzte sich Hampels Idee mit 42 Stimmen durch, 5 mehr als für den einzig übrig gebliebenen Gegenvorschlag „Dritter Bezirk“.

Damit düpierte Hampel seine Parteifreunde im südlichen Ortsteil. Eine „schmerzhafte Entscheidung“, kommentierte gestern Wolfgang Thierse, Kollwitzplatzbewohner und Bundestagspräsident. „Das trifft mich härter als meine Abwahl“, seufzte gestern Reinhard Kraetzer, noch Bürgermeister von Prenzlauer Berg. Der Beschluss sei „eine Mischung aus Bürgerferne, Ignoranz und politischer Dummheit“.

Kraetzer plädierte für „Dritter Bezirk“. Denn auf einer Senatsliste zur Bezirksreform war der Großbezirk an dritter Stelle geführt worden. Damit hätten sich alle Bewohner identifizieren können, glaubt Kraetzer. Zudem hätte „Prenzlauer Berg“ als Markenzeichen für die Mischung aus Ost und West, für die gelebte Toleranz weitergeführt werden können. Dass auch die PDS-Landesvorsitzende Petra Pau die BVV-Entscheidung als „armseligen Beschluss“ kritisierte, mag Kraetzer kaum trösten. Er weiß, dass neben der CDU und der SPD aus Pankow und Weißensee sogar ein Parteifreund aus seinem Szenebezirk „Pankow“ wählte.

Helmut Hampel streute gestern noch Salz in die Wunde. Sicherlich sei „Prenzlauer Berg“ ein Markenzeichen, so der Pankower. Aber das sei Kreuzberg vor zwanzig Jahren auch gewesen. In Zukunft werde niemand mehr von „Prenzlauer Berg“ reden. Der ortskundige Politiker weiß, wovon er spricht: „Friedrichshain wird der neue Szenebezirk.“ Zwar trafen die Bezirkspolitiker ihren wegweisenden Beschluss erst um 22.10 Uhr. Doch damit allein dürfte das Nachtleben in Pankow kaum wach geküsst werden. Das ehemalige Schlafareal der SED-Bonzen ist sechsmal so groß wie der schon zu DDR-Zeiten eher auf Oppositionspartys tanzende Bezirk Prenzlauer Berg. Da würden selbst randvolle Sonderzüge auf der U 2 nichts nützen.

Immerhin werden die Nachtbahnen bis Eberswalder Straße voll bleiben. Natascha Kompatzki, Pressesprecherin der Berlin Tourismus Marketing GmbH, glaubt: „Internationalen Touristen ist es letztlich egal, ob sie nach Prenzlauer Berg oder nach Pankow gehen.“

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