: Brandschutz für die Kleinen
■ Mindestens drei private Eltern-Kindgruppen im Viertel sind nicht feuersicher / Kosten rund eine Million Mark / Nur die Spitze des Eisbergs?
Am Anfang war der Traum vom Wintergarten. Den wollte die private Eltern-Kindgruppe in der Vasmerstraße bauen. Doch der Antrag des Kinderhauses Ostertor e.V. löst derzeit eine ungeahnte Lawine rund um den Feuerschutz in Bremens privaten Kitas aus. Bei mindestens drei Einrichtungen im Viertel hat die Feuerwehr erhebliche Mängel festgestellt: Fehlende Fluchtwege, Rauchmelder und Rauchabzüge, die Folgekosten von mindestens einer Million Mark nach sich ziehen.
Möglicherweise wird es dabei aber nicht bleiben: 168 private Eltern-Kind-Initiativen gibt es im gesamte Bremer Stadtgebiet. Nach der Vasmerstraße wurden bislang und ad hoc nur zwei weitere Einrichtungen in Mitte überprüft, die in Gebäuden der Stadt untergebracht sind und für deren Sicherung die Stadt als Eigentümerin damit formal-rechtlich zuständig ist. Aber auch die beiden Kitas beim Paulskloster und in der Kohlhökerstraße brachten die Feuerwehr nachgerade ins Schwitzen: Zugestellte Fluchtwege, keine Rauchmelder und Abzüge, kein zweiter Fluchtweg. Im Brandfall also keine Chance, besonders für die Kinder in den Dachgeschossen.
Möglicherweise sind diese drei Kitas deshalb nur die Spitze des sprichwörtlichen Eisbergs: Auch die anderen Eltern-Kind-Gruppen müssten überprüft werden, heißt es in der Behörde: „Eigentlich müsste ein Brandschutzexperte durch alle Einrichtungen geschickt werden.“ Damit man nicht in „Salami-Taktik“ immer wieder neu auf das gleiche Problem stoße. Gemeldet hat sich nach den ersten drei Fällen noch keine Gruppe. Die Erfahrung der Feuerwehr bislang: Gerade bei privaten Initiativen fehle oft das Geld, die Bestimmungen richtig umzusetzten.
Die Bremer Feuerwehr orientiert sich bei Horten und Kindergärten an den Richtlinien für Schulen. Dort sind zweite bauliche Fluchttreppen und nicht nur „anleiterbare Stellen“ fest vorgeschrieben, nachdem man getestet hatte wie lange es dauert, eine Schulklasse durch ein Fenster zu retten – nämlich eine halbe Ewigkeit. „Wie lange braucht das dann erst bei Kleinkindern? Das ist doch noch viel gefährlicher“, moniert die Wache und besteht auf einem zweiten baulichen Rettungsweg. Neben den Kosten für Rauchmelder und Abzüge (zwischen 10.000 und 15.000 Mark) wird das dagegen richtig teuer: Pro Einrichtung mindestens 300.000 Mark.
Aufgeflogen ist das Ganze nur durch das Baugenehmigungsverfahren für den Wintergarten. Als erstes hat die Bremische als Verwalterin dabei festgestellt, dass man mit Einzug der Kita in das Altbremer Haus keinen Umnutzungsantrag gestellt hatte. Und als zweites, dass die damit einhergehenden Brandschutzauflagen ebenfalls nicht erfüllt sind. Die Feuerwehr kam und sah und hätte am liebsten die Kitas dichtgemacht. Nur weil „wir zugesagt hatten, sofort Rauchmelder einzubauen und das Baugenehmigungsverfahren sowieso am laufen war“, erklärt Lothar Dräger von der Sozialbehörde, konnte man die Einrichtungen offen lassen.
Eine Schließung wäre für das Viertel auch kaum tragbar, monierte der Beirat Mitte diese Woche: Das Platzangebot ist ohnehin knapp, und diese Einrichtungen hätten „einen ganz besonderen Stellenwert“. Binnen 24 Stunden hat man jetzt in der Kohlhökerstraße den Fluchtweg von Garderobe und allerlei Krams befreit. In dieser Woche sollten die Feuermelder folgen, wofür die Bremische Sofortmittel bewilligt hat.
Nur: Die 300.000 Mark teure Treppe könnten sie auch nur anteilig nicht bezahlen. Den Standort der ältesten privaten Kita, mit dem „Charme des Altbremer Hauses“ mag man aber auch nicht räumen. „Damit sehen wir die Existenz unserer Einrichtung gegebenenfalls bedroht“, erklärte ein Elternsprecher diese Woche im Beirat. Sofern die Summen nicht von der Stadt beglichen werden.
Geld sucht auch Lothar Dräger. Im Sozialressort gebe es bislang keinen Titel dafür. Jetzt soll sich der Senat des Themas annehmen. Gerade bei der Kohlhökerstraße müsste man ohne Verzug ans Werk „Nur so schnell wie beim Tiermehl wird das hier nicht gehen“, verlautet es aus der Behörde. Und noch ist unklar, wieviele private Einrichtungen betroffen sind. Zwar ist die Stadt nur für die Einrichtungen zuständig, deren Häuser ihr gehören. Aber die anderen, bei denen offiziell die Vorstände haften, könne man auch nicht im Regen stehen lassen, hieß es. pipe
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