: Ohne Tore keine Wunder
■ SV Werder Bremen - Girondins Bordeaux: Null Tore auf beiden Seiten
In Bremen hat es Tradition, dass man sich zur Feier des Tages einen guten Bordeaux einschenkt. Und getreu dieser urhanseatischen Sitte wollte unser hiesiger Fußballclub Werder den Girondinen von Bordeaux einen einschenken, präziser sogar drei und bei fehlendem Gegentreffer wäre dann das achte Wunder von der Weser vollbracht gewesen. Gütigerweise hatte der Fußballgott, der letztendlich für alle Wunder auf Rasen zuständig ist, exakt den Tag ausgesucht, an dem Werder vor genau einem Jahr das letzte Werder-Wunder anfertigte (4 - 0 gegen Olympique Lyon, nach 0 - 3 Hinspielniederlage): den 07. Dezember. Doch was Werder auch an diesem Tag nach Nikolaus an Wunderwerkzeug aus dem Sack holte, es erwies sich als untauglich.
Die Weitschüsse von Herzog, die Kullerbälle von Bogdanovic, die Ecken von Banovic, die Kurzpässe von Maximov, die Befreiungsschläge von Krstajic, die Flankenversuche von Skripnik, die Abseitstore von Bode. Lediglich die Aufräumarbeiten von Dieter Eilts und die Torabdichtung von Frank Rost waren am Donnerstagabend wunderbar.
Und der Wundertäter aus den peruanischen Anden? Pizarro hatte in den ersten fünf Minuten gleich zweimal die Chance ins Schwarze zu treffen, ab der sechsten Minute waren die Schwarzen aus Bordeaux dann nicht mehr zu überraschen.
Sie wunderten sich eher über die Penetranz Bremer Einfallslosigkeit. Der hohe Ball in den Strafraum war das von Trainer Schaaf für die erste Halbzeit verordnete Wundermittel, doch die erprobten Hochgewächse aus Bordeaux köpften die Bälle einfach aus dem Strafraum und fertig. Schon zur Halbzeit wusste das Bremer Publikum, dass heute die gute Flasche im Keller bleibt und man wahrscheinlich mit Bier den Frust wegspülen muss. Den Frust darüber, dass man zur Zeit mit internationalem Spitzenfußball nicht mithalten kann.
„Wir holen den UEFA-Cup und wir werden Deutscher Meister“, dieser Schlachtgesang ertönte nur zu Beginn des Spiels, in der zweiten Halbzeit war es ganz ruhig im Weserstadion, die Lautstärke der Kulisse korrelierte eindeutig mit dem Kreativitätsfaktor des Werderspiels. Stille als Wundermittel?
Nein, eher der Pragmatismus des Bremer Publikums, warum laut werden, wenn es eh nicht hilft. Und so konnte man auf den Rängen deutlich Bordeauxspieler flüstern hören: „Miracle, miracle, quel miracle?“
Was bleibt Werder nach Abschluß des Kapitels UEFA-Cup? Die Erkenntnis, dass der Werder-Tropfen im Moment internationalen Genießeransprüchen nicht genügt. Da müsste der Chefwinzer „Moouton“ die alten Rebstöcke besser pflegen, bei der Anpflanzung neuer mehr riskieren, moderne Erkenntnisse für die Vinifizierung nutzen, dann gelingt vielleicht eine Cuvée, die für Wunder tauglich ist. Und immer dran denken: auch Flaschen aus den besten Häusern können Kork haben. Dieses Risiko mindert man, indem man für den Korken etwas mehr investiert. Kork aus Billigländern kann den Geschmack nachhaltig beeinträchtigen. O. Tisseur
Werder- und Bordeauxfreund
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