: das französische kompromisspapier
Nur mit Taschenrechner
Drei so genannte Kompromisspapiere hat die französische Präsidentschaft bis Sonntagmorgen vorgelegt. Sonntagmittag folgte dann der erste Vorschlag für den „Vertrag von Nizza“, 60 Seiten stark. Eine Einigung über dieses Papier dürfte wohl erst im Laufe des heutigen Montags erfolgen, vor allem das Thema Übergang zu Mehrheitsentscheidungen wurde bisher kaum diskutiert. Denn es ist das komplizierteste. Österreichs Außenministerin Benita Maria Ferrero-Waldner etwa sagte, keiner der Politiker am Verhandlungstisch würde die entsprechenden Artikel ohne Auslegung von Experten verstehen. Und bei den ständig neuen Vorschlägen zur Stimmgewichtung im Rat können sich Politiker und Journalisten nur noch mit dem Taschenrechner helfen.
STIMMENGEWICHTUNG: Stimmen im Ministerrat sollen künftig auf einer Skala von drei bis 30 vergeben werden. Für Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Italien sieht das Papier je 30 Stimmen vor. Spanien und Polen schließen sich mit 28 Stimmen an. Die Niederlande bekommen zwölf, eine Gruppe mit Griechenland, Belgien und Portugal je elf Stimmen, Luxemberg drei.
Bei einer Entscheidung im Ministerrat soll zunächst die so genannte qualifizierte Mehrheit und die Mehrheit der Länder gewertet werden. Zusätzlich kann ein Land beantragen, dass auch die Mehrheit der Bevölkerung in der Union ermittelt wird. Damit wäre das von Deutschland geforderte Prinzip der „doppelten Mehrheit“ umgesetzt. Bei einer Gesamtstimmenzahl von 337 liegt die qualifizierte Mehrheit bei 247 Stimmen oder 73,29 Prozent. Bisher lag die Mehrheit bei 71 Prozent. Wird die Bevölkerungszahl als Entscheidungskriterium hinzugezogen ist für ein positives Votum eine Mehrheit von 62 Prozent nötig.
KOMMISSION: Ab 2005, mit dem Beitritt der ersten Kandidaten, soll jedes Land nur noch einen Kommissar stellen. Nach Anwachsen der EU auf 27 Mitglieder soll die Zahl der Kommissare dann begrenzt werden. Zugleich soll der Kommissionspräsident eine Richtlinienkompetenz erhalten.
NACH NIZZA: 2004 soll eine Regierungskonferenz einberufen werden, die über die Kompetenzabgrenzung zwischen Brüssel und den Mitgliedstaaten entscheiden soll. Das haben besonders die deutschen Bundesländer gefordert.
HER
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen