die anderen:
Die meisten Kommentatoren sehen Wahlsieger George W. Bush als schwachen US-Präsidenten ohne Rückhalt in der Bevölkerung. Ihm stehe eine schwere Bewährungsprobe bevor.
So meint die italienische Corriere della Sera: Nach fünf Wochen des gerichtlichen Pingpongs hat man fast Angst, es zu sagen: Die Vereinigten Staaten haben einen Präsidenten gefunden. George W. Bush wurde Dienstagnacht vom Obersten Gericht gekrönt.
Die italieinsche La Repubblica kommentiert: Amerika steht mit einem Präsidenten da, den es nicht gewählt hat. (. . .) Von heute an muss (Bush) mit seiner Kampagne beginnen, um vor der Nachwelt den legalen, aber nicht realen Sieg zu rechtfertigen.
Die Financial Times aus Großbritannien schreibt: Sieg ist Sieg. Aber der knappe Sieg von George W. Bush bringt eine schwere Belastungsprobe mit sich. Bush muss erst einmal die Wunden der Spaltung heilen, bevor er sich auf die Politik konzentrieren kann.
Auch die britische Times ist skeptisch: Die Entscheidung von Al Gore, seine Niederlage zu erklären, hat die politischen Temperaturen in Washington abkühlen lassen. Aber dies könnte nur vorübergehend Harmonie bringen. Bush braucht sehr viel politisches Glück.
Les Echos aus Frankreich meint: Wird (Bush) das frustrierende Image verwischen können, das ihn während des Wahlkampfes verfolgt hat? Die Antwort darauf ist weniger offensichtlich. Selbst wenn man sich stets vor Dummköpfen in der Politik hüten sollte. Helmut Kohl ist dafür das beste Beispiel – er, der in die Geschichtsbücher einging, nachdem er bei seinem Machtantritt als ein provinzlerisches Schwergewicht verspottet worden war.
Der französische Figaro kommentiert: Die amerikanische Lektion besteht darin, dass die USA ihre Aussetzer akzeptiert haben. Lieber haben sie Störungen im Funktionsablauf akzeptiert,als auf ihre Gründungsprinzipien und ihren Respekt vor der Justiz zu verzichten.
Der Standard aus Österreich schreibt: Legitimität ist eine der Schlüsselfragen, die Bush gleich bei Amtsantritt erwarten. „Hail to the thief“ (Heil unserem Dieb), stand auf einem Plakat, das ein Demonstrant vor dem Supreme Court in die Kameras schwenkte.
Schließlich El Mundo aus Spanien: Der Oberste Gerichtshof der USA ist allen Anscheins nach parteiisch und verblendet. Darauf deuten nicht nur die knappe Entscheidung hin, die Al Gore zur Aufgabe gezwungen hat, sondern auch die fadenscheinigen Argumente.
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