: „Da kommt was nach“
Die olympische Silbermedaille von Stephan Vuckovic markiert den Einbruch der deutschen Kurz-Triathleten in die Weltspitze. Der neue Cheftrainer Ralf Ebli will auf diesem Erfolg aufbauen
von FRANK KETTERER
Als Reinhold Häußlein sein Amt als Cheftrainer der Deutschen Triathlon Union (DTU) antrat vor ziemlich genau drei Jahren, übergab ihm sein Vorgänger nicht viel mehr als einen Schmierzettel, beschrieben mit ein paar dürftigen Notizen, und einen Haufen ebenso zerstrittener wie erfolgloser Athleten. „Da sprach der eine mit dem andern kaum ein Wort“, erinnert sich Häußlein, weil Neid und Missgunst die Temperaturen im Verband der deutschen Dreikämpfer im Lauf der Jahre doch weit unter den Gefrierpunkt hatten sinken lassen. So sehr, dass man nicht wusste, ob man dem Mann aus dem schwäbischen Nürtingen gratulieren oder doch eher kondolieren sollte zu seinem mutigen Entschluss.
Ziemlich einig war sich die Szene hingegen darin, wie auf Häußleins Ankündigung bei Amtsantritt zu reagieren sei – mit Kopfschütteln nämlich: „Bei Olympia eine Athletin oder einen Athleten der DTU möglichst aufs Treppchen bringen“, formulierte der neue Cheftrainer damals sein oberstes Ziel – für sonderlich realistisch musste man solches nicht halten, zu weit entfernt hatten sich die deutschen Kurzstreckler zu jener Zeit von der Weltspitze.
Am 31. Dezember endet Häußleins Zeit bei der DTU, er kehrt dann als Amtsinspektor zurück zur Telekom, die ihn nur beurlaubt hatte. Anders als vor drei Jahren übergibt der 54-jährige Schwabe seinem Nachfolger eine ganze Menge: über 60 Aktenordner, angefüllt mit allerlei Zahlenwerk, Leistungskennziffern und Trainingsplänen, vor allem aber sportlichem Erfolg. Ein Europameistertitel durch Anja Dittmer (Neubrandenburg) steht da unter anderem zu Buche, zudem einige Top-Ten-Platzierungen bei diversen Weltcuprennen, an allererster Stelle aber die silberne Olympiaplakette, die sich Stephan Vuckovic (Reutlingen) rund um die Oper von Sydney erschwommen, erradelt und erlaufen hat. „Dieses Rennen war der Lohn für die letzten drei Jahre, in denen ich all meine Energie in den Triathlonsport gepowert habe“, sagt Häußlein. Dass die Silbermedaille in der Öffentlichkeit eher Leichtathletiktrainer Thomas Springstein, seit Oktober 1999 persönlicher Coach von Vuckovic, als ihm angerechnet wird, kann daran kaum etwas ändern. Unbestritten ist, dass die einstmals eisige Stimmung im Verband unter der Ägide des Schwaben deutlich aufgetaut ist.
„Ich habe das Glück, in ein geordnetes Haus zu kommen“, kann denn auch Ralf Ebli feststellen. Ebli (34) ist ab Januar neuer DTU-Cheftrainer. Wie es prinzipiell ist, die Nachfolge Häußleins anzutreten, durfte der Darmstädter vor drei Jahren schon einmal erfahren, damals beerbte der Hesse den Schwaben als DTU-Nachwuchstrainer. „Mein Erfolg in diesem Amt war, dass ich die internationale Spitzenposition, die ich von Reinhold übernommen hatte, halten konnte“, sagt Ebli jetzt; der zweite Rang von Christian Weimer aus Eblis Heimatverein TuS Griesheim bei der Junioren-WM im vergangenen Jahr und der Gewinn der Europameisterschaft durch den 18-jährigen Steffen Justus (Jena) in diesem belegen das.
„Da kommt was nach“, sagt der neue DTU-Chef, „das ist die neue Generation.“ Jene, die es schon jetzt ganz langsam, aber sicher auf Olympia 2004 in Athen vorzubereiten gilt, die alte Garde um Ralf Eggert, Roland Knoll und selbst Lothar Leder wurde nach Sydney weitgehend ausgemustert, in den DTU-Kadern jedenfalls sind ihre Namen nicht mehr zu finden. Neu ist auch, dass Ebli den Großteil seiner jungen Athleten, darunter auch Olympiastarterin Joelle Franzmann (Trier), als Sportsoldaten dauerhaft am Olympiastützpunkt in Saarbrücken um sich versammelt hat. „Wir wollen unsere Sportler hier unter optimalen Bedingungen in einer Gruppe konzentrieren, in der einer dem anderen hilft“, sagt Ebli, genau so, wie es der „neue Triathlongedanke“ erforderlich mache.
„Heute ist das Schwimmen die vorentscheidende Disziplin, Laufen ist siegentscheidend, das Radfahren hat eher Zulieferfunktion“, doziert Ebli über die veränderte Rennstruktur auf der Kurzstrecke, entsprechend müsse man Triathlon schon im Training als eine „Mischung aus Einzel- und Mannschaftssport“ begreifen. „Da gibt es dann wie im Radsport Edeldomestiken und Leute für den Sieg“, sagt Ebli.
Mit Letzteren meint er zweifelsohne Stephan Vuckovic und Anja Dittmer, die weitgehend autonom unter Anleitung von Thomas Springstein trainieren dürfen, bei DTU-Lehrgängen und -Trainingslagern aber mit von der Partie sein werden. „Die beiden sollen weiter ihre Top-Leistungen bringen“, nennt Ebli seine Planungen für die nähere Zukunft, die Jungen will er an eben diese Top-Platzierungen heranführen – und damit an die Weltspitze. „Ein, zwei Jahre“, glaubt der neue Cheftrainer, werde das wohl noch dauern, was prinzipiell kein Problem darstellt. Schließlich findet Olympia erst in knapp vier Jahren wieder statt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen