: „Schieb ab, dein Klon übernimmt“
betr.: „Briten vorneweg: Klonen menschlicher Zellen erlaubt“ u. a., taz vom 21. 12. 00
Echt krass, kaum sehe ich mir neulich im Kino den neuen Schwarzenegger an, wo es noch im Vorspann so treffend heißt, dass das Ganze in einer nicht allzu weit entfernten Zukunft spielt, schon holt mich die Realität bereits wenige Tage später mit dieser Meldung ein! Das war in der Tat viel näher, als ich dachte! Da scheint Arnie offensichtlich den Zeitgeist diesmal erstaunlich gut getroffen zu haben.
Selbstverständlich wird alles damit begründet, dass es ja nur zu unserem Wohle sei, wie schon so vieles, und mit der gleichen Selbstverständlichkeit wird später alles mit der Aussage gerechtfertigt werden, dass alle Beteiligten ja nur „ihre Aufgabe“ erledigt hätten. Doch was ist, wenn ein Krebskranker irgendwann seinem eigenen Klon gegenübergestellt wird, der dann zu ihm sagt: „Schieb ab, Alter, du hast ausgedient!“ Wahrscheinlicher wird aber sein, dass diese überaus wohl wollenden Leute das Sprechen übernehmen werden: „Wir können leider nichts mehr für Sie tun, aber dieser intakte Klon wird nun Ihren Platz einnehmen, Sie brauchen nun nicht mehr zu leiden!“ Und was ist mit dem Geist, der Seele? Lässt sich diese auch einfach ersetzen? Ist so etwas austauschbar? Die Gentechnik wird uns unabstreitbar sehr praktische Vorteile bringen, zum Beispiel braucht sich dann die Polizei nicht mehr mit solch ollen Alkoholtests herumzuschlagen, nein, man nimmt gleich den gesamten genetischen „Fingerabdruck“, dann weiß man schließlich wirklich, mit wem man es zu tun hat!
MATTHIAS KLEIN, Saarbrücken
[...] Nicht mehr geht es um den einstieg in die anthropotechniken, wie sloterdijk mahnt, sondern wir sind längst dabei. klonen, was das zeug hält. jenseits des ethischen diskurses, wenn es denn einen geben mag, wird gehandelt. natürlich nur im sinne des menschlichen fortschritts. für die humanität also. und dies ist auch die ursache, warum alle moralität am ende ist. wird doch der grund aller humanistischen dogmen, das leben, in geradezu hyperbürgerlicher konsequenz verteidigt. von den meistern des therapeutischen klonens, versteht sich. haben menschliche zellhaufen keine erinnerung? sind sie nur material blinden werdens? doch jeder diskurs läuft ins leere, denn die richtung stimmt ja: stammzellen für das leben. dem wahnsinn ein ende! es trifft sich gut in zeiten von bse-horror: schwammgehirn raus und neues, gezüchtet im reagenzglas, herein. den tod abgeschafft. ich lebe noch, hast du dich schon klonen lassen – für alle fälle? umwertung der werte? mitnichten! der übermensch ist von den letzten resten humanitas befreit – schlicht ein haufen gene, hormone, enzyme und stammzellen. plastikmuskeln. pentiumchip. und kein schwarzenegger wird uns retten. JOST GUIDO FREESE, Düsseldorf
Die Redaktion behält sich den Abdruck sowie das Kürzen von Briefen vor. Die veröffentlichten LeserInnenbriefe geben nicht die Meinung der taz wieder.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen