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Kein Geld für neue Straßen

In Baden-Württemberg nehmen Staus drastisch zu. Das Land hat kein Geld für neue Straßen, es zahlt privat vorfinanzierte Bauten ab. Für Bahnstrecken noch weniger Mittel

HERRENBERG/STUTTGART taz ■ Bei den morgendlichen Verkehrsmeldungen im Deutschlandfunk machen die Straßen im Südwesten inzwischen dem langjährigen Spitzenreiter Nordrhein-Westfalen Konkurrenz. Kilometerlange Staus auf den Autobahnen um Stuttgart und vielen Bundesstraßen sind zur Regel geworden. Im Wahlkampf für die Landtagswahl am 25. März 2001 steht das Thema ganz oben auf der Tagesordnung.

Schuld am Stau, so die CDU/FDP-Landesregierung, sei das Bundesverkehrsministerium, das im „Investitionsprogramm 1999–2002“ nur eine Milliarde Mark für den Neu- und Ausbau von Bundesstraßen und Autobahnen für Baden-Württemberg bewilligt habe. Insgesamt will der neue Verkehrsminister Kurt Bodewig dieses Jahr 10,82 Milliarden Mark für den Ausbau von Bundesfernstraßen ausgeben; teilweise wird das Geld aus den UMTS-Milliarden stammen. Das sind nicht nur rund 860 Millionen Mark mehr als 2000, sondern absolute Rekordzahlen: Nur 1992 lagen die Ausgaben für den Straßenbau noch höher.

Die baden-württembergische CDU verlangt von der SPD-Spitzenkandidatin Ute Vogt, ihren direkten Draht zum Kanzleramt unter Beweis zu stellen und mehr Geld für die Verkehrsprojekte im Südwesten locker zu machen. Die Opposition im Land weist die Forderungen zurück. „Das Geld, das jetzt im Land fehlt, wurde von der CDU schon in den vergangenen Jahren vervespert“, sagt Gerhard Stolz, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen im Landtag. Auch auf Druck seiner CDU-Parteifreunde im Südwesten habe der damalige Bundesverkehrsminister Wissmann in die „Trickkiste des privat vorfinanzierten Straßenbaus gegriffen und gleichzeitig eine unverantwortliche Politik der Spatenstiche“ betrieben.

In Baden-Württemberg wurden ab Mitte der Neunzigerjahre drei Straßenprojekte privat vorfinanziert (siehe Kasten!). Prominentestes Beispiel: Die B 31 Ost, auf der ab 2002 der Ost-West-Verkehr staufrei durch Freiburg fließen soll. Vor sechs Jahren war das Verkehrsministerium noch davon ausgegangen, dass etwa ab dem Jahr 2000 nach Abschluss der „Verkehrsprojekte Deutsche Einheit“ dem Ländle 600 bis 700 Millionen Mark jährlich für die Bundesstraßen zur Verfügung stehen. Das hätte ausgereicht, um die vorfinanzierten Straßen abzuzahlen und laufende Projekte zu beenden. „Von der rot-grünen Bundesregierung sind die jährlichen Mittel der vergangenen Jahre stark gekürzt worden. Wenn wir nach Plan im Jahr 2003 nur noch rund 100 Millionen übrig haben sollten, käme der Straßenneubau in Baden-Württemberg praktisch zum Erliegen“, sagt Hans Klöppner, Pressesprecher des Umwelt- und Verkehrsministeriums in Stuttgart.

Die in den vergangenen Jahren in Baden-Württemberg begonnenen Straßenbauprojekte werden bis zu Fertigstellung 2,4 Milliarden Mark kosten und benötigen damit die zur Verfügung stehenden Mittel von etwa zehn Jahren. Dazu gibt es noch baureife Planungen in Höhe von zwei Milliarden Mark. Die Landesregierung beharrt weitgehend auf dem Verkehrskonzept mit den unter der alten CDU/FDP-Bundesregierung versprochenen neuen Straßen und hat zur Fortschreibung des Bundesverkehrsplans von 1992 beim Bund 422 Fernstraßen, aber nur neun Schienenprojekte angemeldet. Verkehrsminister Ulrich Müller (CDU) fordert die Bundesregierung auf, die 17 Milliarden, die bis 2002 bundesweit in den Neu- und Ausbau von Straßen investiert werden sollen, neu zu verteilen – wohl umsonst, denn der Mammutanteil der Gesamtsumme ist längst für die neuen Bundesländer bestimmt.

Ein Stauende ist in Baden-Württemberg nicht in Sicht. Der Verkehr auf Autobahnen hat 1999 gegenüber dem Vorjahr um 2,5 Prozent zugenommen, auf anderen überörtlichen Straßen um 1,7 Prozent. Bei fast 6,9 Millionen zugelassener Kraftfahrzeuge teilen sich jetzt weniger als zwei Personen in Baden-Württemberg ein Auto.

MATTHIAS SCHNEIDER

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