: Leise nadelt der Baum
Das Ende der Weihnachtstanne: Meistens der Schredder. Manchmal ist sie aber auch die Alternative zum Tiermehl ■ Von Eva-Maria Mester
Glaubt man der Reklame eines schwedischen Möbelhauses, so werfen die Schweden ihre ausgedienten Weihnachtsbäume um diese Zeit einfach aus dem Fenster. Um Platz für neue Möbel zu schaffen, wie der Slogan lautet. So einfach geht das hier zu Lande nicht. Doch auch zwischen Flensburg und Hamburg werden Rotfichten und Nordmanntannen spätestens am 6. Januar, dem Dreikönigstag, im Wohnzimmer überflüssig, und es stellt sich die daran anschließende Frage: Wohin mit dem alten Weihnachtsbaum?
Fast überall steht den Weihnachtsbäumen ein profanes Ende bevor. Sie werden von den Entsorgungsbetrieben eingesammelt, geschreddert und kompostiert. In Kiel sind nach Angaben der Stadtverwaltung rund 40.000 Weihnachtsbäume zu entsorgen, das entspricht einem Gewicht von rund 250 Tonnen. In Lübeck werden es nach Angaben von Cornelia Tews, Sprecherin des Entsorgungsbetriebes, rund 190 Tonnen sein. Etwa 50.000 Bäume werden nach Schätzungen der Abfallwirtschaftsgesellschaft im Kreis Dithmarschen in diesen Tagen überflüssig. Bescheiden nimmt sich dagegen die Ausbeute im Kreis Segeberg aus, dort rechnet man mit etwa 17.000 Stück.
Bis Mitte Januar dauert die öffentliche Baumentsorgung. Was danach noch am Straßenrand steht, wird leicht zum Ärgernis. In Flensburg sammeln die Mitarbeiter der Straßenreinigung die Nachzügler bei ihren üblichen Touren ein. In Lübeck kümmert sich die Müllabfuhr um wild abgelegte Weih-nachtsbäume. „Leider landet auch oft Haus- und Sperrmüll auf diesen wilden Baum-Kippen, so dass wir diese Bäume nicht mehr kompos-tieren können“, sagt Tews. Immerhin 29 Tonnen Tannengrün landeten deshalb im vergangenen Jahr auf der Mülldeponie.
In Husum erzwangen die Bürger gar die Wiederaufnahme der kos-tenlosen Baumabfuhr. Die Stadt hatte den Service ausgesetzt, doch spätestens Mitte Januar setzten die Husumer ihre nadelnden Christbäume unbeirrt auf die Straße, so dass die Stadt seit dem Jahr 2000 wieder abholt.
Der Star des Weihnachtsabends muss aber nicht zwangsläufig im Müll landen, es gibt auch Möglichkeiten der Zweitverwendung. Im Zoo von Rostock zum Beispiel werden die Bäume als Tierfutter verwendet, Elefanten, Lamas und Ziegen sollen ganz wild nach den harzigen Leckerbissen sein. Im Kreis Dithmarschen werden die Weihnachtsbäume aus der Fußgängerzone und vom Weihnachtsmarkt zu langen Girlanden verarbeitet. Sie dienen im Februar bei den Heider Hohnbeer-Tagen, einem winterlichen Stadtfest, als Straßenschmuck. In Eckernförde machen sich etwa 2000 Ex-Weihnachtsbäume an der Kurpromenade nützlich. Sie werden dort in Sandfangzäume eingeflochten.
Ungewöhnlich dagegen ist folgender Lösungsversuch: In den sechziger Jahren soll ein Schriftsetzer nach Weihnachten eine Anzeige in seine Zeitung gesetzt haben, in der stand: „Echter Weihnachtsbaum, kaum gebraucht, nur einmal besungen, kostengünstig abzugeben.“
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