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Spaß mit Kreissägen

■ Bewegung am Arbeitsmarkt: Es werden Geister, Chefzauberer und „Säger/innen“ gesucht / Sie sollen im „Illusionspark“ arbeiten, der auf der Bürgerweide entsteht

„Sie fühlen sich manchmal wie ein halber Mensch? Dann bringen Sie beste Voraussetzungen mit, um sich bei uns professionell zersägen zu lassen. Wie suchen eine/n Mitarbeiter/in, der/die sich ambitioniert unter eine überdimensionale Kreissäge legen möchte. Einzige Bedingung: Sie sind nervlich belastbar und bewahren selbst in kniffligen Situationen noch einen kühlen Kopf.“

Drei Wochen vor Eröffnung des „weltweit ersten Illusionsparkes“ auf der Bürgerweide suchen die Veranstalter noch immer qualifiziertes Personal. Am Wochenende veröffentlichte die MFM Entertainment Produktions-GmbH & Co. KG in einem lokalen Anzeigenblatt obigen Text. Gesucht: „2 begeisterte Säger/innen“. Außerdem haben die Magical-Macher noch Bedarf nach zehn Geistern („nach Möglichkeit mit entsprechender Berufserfahrung“) sowie einem Merlin („idealerweise sind Sie in der Lage, sowohl Personen als auch Gegenstände verschwinden zu lassen“). Bewerbungen bitte nur mit Lichtbild.

Alarmiert vom okkultistischen, bisweilen menschenverachtenden Unterton der Offerte, verlangt die taz bei MFM-Mann Thomas Marsen um Aufklärung. Dessen erste Worte lassen uns schier das Blut in den Adern gefrieren: Die insgesamt 13 avisierten Jobs seien allesamt „Reserve“ für die dreißig festen Akteure. Wenn die eine durchgesägt ist... schlimm. Doch Marsen, der vor seiner magischen Phase Hallenfußballturniere in Oldenburg und anderswo organisiert hat, beruhigt. Die Arbeit im „Magical“ werde einfach anstrengend, und deswegen müsse nach 10 bis 15 Minuten gewechselt werden.

Zurzeit sieht der künftige Arbeitsplatz der Säger und ihrer Kollegen noch aus wie ein großes, graues Bierzelt, das nahe des Bahnhofs auf der Bürgerweide herumsteht. Im Innern Gitterarchitekturen für Licht und Ton, ein bisschen schwarzer Samt unter der Decke, schimpfende Arbeiter, die sich mit den ersten Stellwänden abmühen. Hier soll Anfang Februar, schick verhüllt, ein „360 Grad interaktives Showerlebnis“ beginnen, wie es in der Prosa der PR-Branche heißt – Magie aus einer „neuen Perspektive“. Kostenpunkt: 28 Mark pro Nase.

Im Gegensatz zu üblichen Zauber-Shows schaut die zahlende Kundschaft nämlich nicht auf eine weit entfernte Bühne, nein, „die Wunder geschehen mitten unter den Menschen“. Zum Beispiel: Schwiegermutterverschwindenlassen, weltpremieremäßiges Fliegen, unerklärliche Schrumpf- oder Wachstumsereignisse.

Um dies zu ermöglichen, sind Organisator Marsen und sein Kompagnon, der Zauberer und Illusions-artikelhändler Sascha Freudrich, munter um die Welt gereist. Und haben die nach eigenen Erkenntnissen „besten magischen Effekte unter Vertrag genommen. Selbst Siegfried von „Siegfried & Roy“ – das sind die beiden Untoten mit den perlwollgewaschenen Tigern, sie wissen schon – soll ganz entzückt gewesen sein. Und das Schlimms-te: ER will nach Bremen kommen! Leaving Las Vegas.

Der ganze Spaß, für den Freud rich & Marsen rund 8,5 Millionen Mark aus dem Hut gezaubert haben, wird nach eineinhalb Monaten auf ganz und gar erklärliche Weise aus Bremen verschwinden und auf Deutschlandtournee gehen. Dann werden sich die Reserve-Akteure wohl nach neuen Jobs umschauen müssen. So auch der „handwerklich begabte Mitarbeiter“, der Spaß am Umgang mit sehr großen Kreissägen hat. Gerne auch Berufsanfänger. hase

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