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Illegalen-Linda geht

Bushs designierte Arbeitsministerin Linda Chavez zieht ihre Kandidatur zurück und schafft dem neuen US-Präsidenten damit ein Problem vom Hals

BERLIN taz ■ Der designierte US-Präsident George W. Bush hat ein Problem weniger: Linda Chavez. Die umstrittene Kandidatin für das Arbeitsministerium hat am Dienstagabend von sich aus darum gebeten, von der Nominierungsliste gestrichen zu werden. So heißt es zumindest offiziell.

Tatsächlich hat das Bush-Team außer einer kurz angebundenen öffentlichen Verteidigung – „Sie wird eine gute Arbeitsministerin sein“, hatte Bush noch am Vortag auf Journalistenfragen geantwortet – nichts getan, um die unter Druck geratene Chavez zu halten. Die Arbeitsministerin in spe, von Migrantenorganisationen und Gewerkschaften aufgrund ihrer erzkonservativen Positionen von Anfang an abgelehnt, war ernstlich in Bedrängnis geraten, nachdem bekannt geworden war, dass sie von 1991 bis 1993 eine illegal in den USA lebende Guatemaltekin namens Marta Mercado bei sich beherbergt und sie de facto als Haushälterin beschäftigt und als Putzfrau an die Nachbarn vermittelt hatte. In der Pressekonferenz, auf der sie ihren Rückzug verkündete, zeigte sich Chavez gänzlich uneinsichtig: Sie habe eine schwierige Kindheit gehabt, die in ihr den Impuls zu helfen geweckt habe. Es sei völlig uneigennützig gewesen, was sie für Marta Mercado getan habe, und sie würde es immer wieder tun. „Sie unterstützte ihre Freundin mit Unterkunft und Geld ... und Mercado bügelte aus Dankbarkeit die Hemden der Familie,“ spottete die Washington Post.

Im Übrigen vertrat Chavez die Ansicht, dass sie eine „großartige Arbeitsministerin“ abgegeben hätte, wenn die „persönlich zerstörerische“ Politik der Medien sie nur gelassen hätte.

Der Rückzug von Linda Chavez bedeutet Bushs erste Niederlage in seinen eiligen Bemühungen der Regierungsbildung. Allerdings, würdigten verschiedene US-Medien in ihren gestrigen Kommentaren, ist der Skandal um Linda Chavez in Rekordzeit gelöst worden: Kaum 55 Stunden, nachdem die Vorwürfe gegen sie bekannt wurden, war sie auch schon aus dem Rennen. Auch wenn sie behauptet, das Bush-Team habe sie nicht zum Rückzug aufgefordert, steht Bush doch als Macher da, der mit harter Hand Probleme abwendet.

In der kommenden Woche finden im Senat die Anhörungen seiner weiteren umstrittenen Kandidaten statt: Insbesondere die Nominierung des erzkonservativen abgewählten Senators John Ashcroft als Justizminister war auf großen Protest gestoßen.

Mit Chavez’ Abgang hat Bush jetzt die Chance, durch eine moderatere Nominierung das Kabinett wieder etwas in die Balance zu bringen. Und sei es nur, um sich weiteren Ärger zu ersparen.

BERND PICKERT

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