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Keineswegs „bedenklich“

betr.: „Beschädigte Bilder“ (Chemnitz, Buchheim, etc.), taz vom 13./14. 1. 01

Der „kunsthistorische Schnellschuss“, als den Harald Fricke die kurzfristige Absetzung der Buchheim-Ausstellung bezeichnet, ist keineswegs „bedenklich“, sondern eher zu begrüßen. Oder sollte es künftig jedem Künstler erlaubt sein, sich in einer Ausstellung, die von Steuermitteln bezahlt wird, jeder kritischen Hinterfragung zu entziehen? Zwar mögen die Fakten aus Buchheims Leben bekannt sein, nicht aber die tatsächliche Rolle, die er und seine Kunst im Dritten Reich gespielt haben.

In einem von ihm autorisierten Ausstellungskatalog schreibt Siegfried Salzmann zwar: „In Buchheims Booten (U-Booten, d. V.) drückt sich alles andere aus als der Heroismus und das Pathos, wie sie der Kunstpolitik des Dritten Reiches genehm waren. Buchheims Zeichnungen registrieren, sind eher eine düstere Bestandsaufnahme.“ Kein Wort aber zu den ebenfalls abgebildeten Porträts von Soldaten und U-Boot-Kommandanten, die damals offizielle Schriften illustrierten – wohl kaum, weil ihnen Heroismus und Pathos fehlten. Ganz im Gegenteil. Wenn ein Künstler nicht will, dass solche Zusammenhänge in einem Begleitkatalog zu seiner Ausstellung aufgezeigt werden, sollte es für ihn keine Ausstellung in einem (staatlichen, kommunalen) Museum geben. Dahinter wie Fricke „ostdeutsche“ Sorge vor möglicher Naziverherrlichung zu sehen, ist arrogant.

Dass der Krach so kurzfristig kam, ist kaum verwunderlich, wenn man Buchheim kennt. Der hat in der Vergangenheit immer wieder große Ankündigungen gemacht und erst in letzter Minute zurückgezogen. Verwunderlich ist bestenfalls die Blauäugigkeit der Chemnitzer Ausstellungsmacher, die glaubten, auf einer (selbst-)kritischen Basis mit einem selbstgefälligen Buchheim zusammenarbeiten zu können.

Dass Buchheim sich mit seiner Expressionisten-Sammlung Verdienste erworben hat (darum auch das Bundesverdienstkreuz), bleibt davon unbenommen. JÜRGEN SCHÖN, Köln

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