: Wirtschaft weniger geölt
Opec berät in Wien, wie stark sie die Ölfördermenge drosselt. USA und Europa warnen vor Gefahr für Konjunktur. Finanzexperten erwarten sinkende Zinsen
BERLIN taz ■ Die Organisation erdölexportierender Länder, Opec, will die Ölfördermenge kürzen. Wie hoch die Kürzung ausfallen wird, darüber verhandeln die Staaten auf einer Tagung, die gestern in Wien begann. Ein Komitee unter dem Vorsitz des Iran empfiehlt 1,7 Millionen Barrel pro Tag weniger, Saudi-Arabien und die meisten anderen Mitglieder plädieren für lediglich 1,5 Millionen Barrel, also rund 240 Millionen Liter weniger als bisher. Damit würden aus den Reserven des Nahen Ostens künftig täglich etwa 25 Millionen Barrel Öl abgepumpt.
Mit der Kürzung will die Opec den Ölpreis wieder nach oben treiben. Der ist seit seinem Höchststand von über 35 Dollar je Barrel im Herbst 2.000 auf knapp über 22 Dollar gefallen. Einen neuen „Ölpreisschock“ mit in die Höhe schießenden Preisen erwarten die deutschen Konjunkturexperten nicht. Sie prognostizieren für dieses Jahr einen Durchschnittspreis von 25 Dollar. Dennoch hatten die USA und Europa die Ölmultis gewarnt: Ihre Pläne gefährdeten das Weltwirtschaftswachstum. Der Ölpreis wird auch auf dem Davoser Weltwirtschaftsforum Ende des Monats Thema sein.
Ob die Opec-Entscheidung die Zinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) beeinflussen wird, bleibt abzuwarten. Von der heutigen turnusmäßigen EZB-Ratssitzung erwartet die Mehrheit der Frankfurter Börsenhändler noch keine veränderten Zinsen, mittelfristig setzen sie jedoch schon darauf: zum einen wegen des steigenden Ölpreises, der die Konjunktur bremsen kann. Zum anderen, weil sich die EZB in den zwei Jahren ihres Bestehens immer an der US-Notenbank Fed orientiert hat. Und die senkte ihre Leitzinsen seit Beginn des Jahres um 0,5 Prozentpunkte.
Aus gutem Grund: Die US-Wirtschaft befindet sich in der lange erwarteten Abkühlungsphase. Millionen von amerikanischne Anlegern haben in den letzten Monaten viel Geld an der Börse verloren. Statt Konsum ist jetzt erst einmal Sparen angesagt – das dämpft die Wirtschaft.
Sinkende Zinsen in Euroland und steigende Ölpreise dürften allerdings den Euro erneut schwächen, fürchtet Thomas Mayer vom Investmenthaus GoldmanSachs. Denn weil Erdölimporte in Dollar bezahlt werden, erhöhen steigende Ölpreise die Nachfrage nach der US-Währung. Zudem wirkt teures Öl inflationstreibend – ein Argument, das ebenfalls „gegen niedrigere Zinssätze spricht“. Mayer: „Die EZB rannte eineinhalb Jahre lang der Fed hinterher, und der Euro kam auf keinen grünen Zweig. Jetzt sollte sie endlich um Glaubwürdigkeit und ein eigenes Profil kämpfen.“ KATHARINA KOUFEN
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