: Trittin blockiert Castor
Umweltminister Jürgen Trittin untersagt Atommülltransport vom AKW Neckarwestheim nach Ahaus. Begründung: Keine Notwendigkeit. Politische Motive bei Landesregierung in Stuttgart
BERLIN taz ■ Vorerst wird es keinen Castor-Transport nach Ahaus geben. Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) wies gestern seinen Amtskollegen in Baden-Württemberg an, sich der Rechtsauffassung seines Ministeriums zu beugen und so eine vorläufige Lagerung des Atommülls am AKW Neckarwestheim zu ermöglichen.
Baden-Württembergs Umweltminister Ulrich Müller (CDU) hatte sich auf den Standpunkt gestellt, die bereits beladenen Castor-Behälter am Kraftwerk müssten erst abtransport werden, bevor der Atombetreiber erneut abgebrannte Brennstäbe auswechseln dürfe. Trittin wies Müller nun an, einen Weiterbetrieb des Reaktors auch dann zu erlauben, wenn beladene Castoren auf dem Werksgelände stehen und gleichzeitig das so genannte Nasslager voll ist. Die Betreibergesellschaft EnBW erklärte gestern, auf den Transport verzichten zu wollen. Da die EnBW ein Zwischenlager am Kraftwerk beantragt hat, ist ein Transport ins Zwischenlager Ahaus ohnehin überflüssig. Trittin unterstellte der baden-württembergischen Landesregierung „politische Ziele“ bei ihrer Rechtsauffassung. Ein Castor-Transport mit Blockaden und rot-grüner Polizeigewalt könne Wähler verschrecken, so das Kalkül der CDU/FDP-Koalition in Stuttgart. Am 25. März sind dort Landtagswahlen.
Die Bundesregierung hat jedoch selbst ein Händchen für Termine: Der erste Castor-Transport soll ein Rücktransport aus Frankreich nach Gorleben sein. Die Genehmigung wurde für die 13. und 14. Kalenderwoche erteilt, also genau ab dem 26. März – einen Tag nach den Wahlen.
NRWs Innenminister Fritz Behrens (SPD) begrüßte die Entscheidung – allein die Planung der Polizei für den Transport habe schon 2,5 Millionen Mark gekostet. Greenpeace erklärte die Absage für richtig. Ein Anhäufen des Mülls am Kraftwerk sei aber der falsche Weg. Es solle lieber abgeschaltet werden.
MATTHIAS URBACH
brennpunkt S. 3, kommentar S. 11
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