berliner szenen: Max Goldt im BE
Pech gehabt
Nun hat Max Goldt schon über allerlei absonderliche Situationen aus seinem Leben geschrieben. Die absonderlichste aber widerfährt ihm wohl nie: bei einer eigenen Lesung unerkannt im Publikum zu sitzen. Das war natürlich auch so am Dienstagabend im BE, als Goldt seit Jahren erstmals wieder in Berlin las: aus seinem an diesem Tag erscheinenden neuen Buch „Der Krapfen auf dem Sims“.
Vorher hatte er neben dem Berlin- auch seinen Interviewboykott gelockert und der Berliner Zeitung diktiert, wie er sich sein Publikum wünsche: ohne Schenkelklopfen und Gekreische. Brav hielt es sich im BE daran und wurde vom Autor vor der Zugabe prompt gelobt. Komischerweise gehen zu seinen Lesungen aber auch Menschen, die er in seinen Texten schon mal als „gesellschaftlich absolut inakzeptabel“ einschätzt. Als prominentestes Beispiel sei Benjamin von Stuckrad-Barre genannt, der neben Rainald Goetz in einer Loge links oben saß. Goldt las einen Text über Mainstream-Zyniker vor, die nichts dabei finden, Gag-Schreiber bei Harald Schmidt zu werden. Stuckrad-Barre war ja einmal genau dies und saß nach der Pause nicht mehr in der Loge. Unten gab man sich quietschfidel. Mancher lachte bei Wortkombinationen wie „längeres Dramolett“, wiederholte sie freudig und lachte noch mal. War Herr Goldt mal kurz still, kamen von hinten Sätze wie: „Damals war er ja so eine Art Vorläufer von Helge Schneider, okay, subtiler, ja okay, sehr viel subtiler.“ Mancher Künstler hat doch nicht die Fans, die er verdient. THOMAS WINKLER
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