piwik no script img

Friedlich feiern für 10 Mark

Polizei beendet endgültig die unorganisierten Feiern in der Walpurgisnacht. Ein Szene-Büro soll nun ein Konzert im Mauerpark organisieren. Um Eintritt verlangen zu können, wird der Park eingezäunt

von UWE RADA

Von wegen „jedes Jahr das Gleiche“. In Prenzlauer Berg jedenfalls zeigt sich die Walpurgisnacht jedes Jahr mit einem neuen Gesicht. Nach diversen Straßenschlachten am Kollwitzplatz, einer gescheiterten Sicherheitspartnerschaft, einem Polizeikessel an der Eberswalder Straße und den von der Polizei selbst organisierten Walpurgisfeiern soll in diesem Jahr ein Joint-Venture zwischen der Polizeidirektion 7 und zwei Szeneveranstaltern für eine friedliche Feier in Prenzlauer Berg sorgen. Aus dem unorganisiertem Fest der Trommler und Feuertänzer ist damit ein offizielles Festival mit Bands und Eintritt geworden.

Auf Initiative der Polizei organisieren die Veranstalter Büro Ereignisproduktionen und Casino Berlin am Vorabend des kommenden 1. Mai ein Fest im Mauerpark. Ursprünglich wollte die Polizei, um nicht selbst als möglicher Veranstalter von Ausschreitungen in die Berliner Mai-Geschichte einzugehen, bereits im vergangenen Jahr einen Veranstalter finden. Doch die Zeit war damals zu knapp, so dass der Polizeisportverein für das alljährliche Trommeln am Mauerpark verantwortlich zeichnete.

„Dieses Jahr aber wollten wir uns mehr zurückziehen“, erklärt Heino Berg, Pressesprecher der Direktion 7, die Suche nach einem geeigneten Veranstalter. Man habe jemanden gesucht, der eine „qualitative Verbesserung“ des musikalischen Angebots gewährleisten könne.

Fündig geworden ist die Polizei unter anderem bei Simone Hofmann. Die hat mit ihrem Büro bereits Erfahrung beim Karneval der Kulturen und der Fête de la Musique gesammelt und wollte „schon lange ein wirklich gutes Festival organisieren“. Es sei aber sehr schwierig, eine Genehmigung bis zwei Uhr morgens zu bekommen. Deshalb habe sie sehr schnell das Angebot der Polizei angenommen. Zudem sei sie selbst am friedlichen Verlauf der Nacht interessiert.

Mit Walpurgisfeiern soll der diesjährige 30. April allerdings nichts mehr zu tun haben. Hofmann denkt an gute Bands für wenig Eintritt. 10 Mark soll der Obolus betragen, den die Jugendlichen in Prenzlauer Berg zu entrichten haben. Damit nicht genug. Um zu verhindern, dass ungebetene Gäste kommen, soll der Mauerpark eingezäunt werden. Hofmann glaubt aber nicht, dass damit erneut möglichen Auseinandersetzungen Vorschub geleistet wird. „Wichtig ist doch, dass 10 Mark für gute Bands nicht viel Geld ist“, sagt sie. Zumindest den neuen Bürgermeister des Großbezirks Pankow, Alex Lubawinski (SPD), hat diese Argumentation bestochen. Er wird Schirmherr des Konzerts.

Noch liegt weder der Polizei noch dem Bezirk eine Anmeldung vor. In etwa vier Wochen rechnet Heino Berg von der Polizeidirektion 7 mit dem Beginn der Formalitäten. Auch die Bands sind noch nicht ausgewählt. Die Toten Hosen, schon im letzten Jahr Favorit der Polizei, haben nach Angaben von Hofmann erneut abgesagt. Heino Berg will trotzdem noch mal nach Düsseldorf telefonieren. „Ich werd die fragen: Jungs, wie sieht’s denn aus, habt ihr dieses Jahr nicht weniger Bauchschmerzen?“

Bauchschmerzen hat auf jeden Fall der Freundeskreis Mauerpark. „Hier handelt es sich um einen Park und keine Fläche für Großveranstaltungen“, sagt Moritz Naujack vom Freundeskreis. Mit einem Protestbrief an den Bürgermeister wollen die Natürschützer wenigstens Auflagen für die Veranstaltung erreichen.

„Der Park wird hinterher sauberer sein als vorher“, verspricht die Veranstalterin schon jetzt. Auch ihr Herz für die Polizei ist Bares wert. Zwanzig Prozent des Gewinns gehen an ein Jugendprojekt der Polizei in Hellersdorf.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen