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Juristischer Beistand für alle

■ Hamburgs Öffentliche Rechtsauskunft bietet Beratungen für Einkommensschwache

Der Arbeitgeber will den Urlaubsanspruch nicht anerkennen? Der Ehemann ist zu seiner neuen Freundin gezogen und zahlt für die drei Kinder keinen Unterhalt? Wer als finanziell schwächer gestellter Mensch qualifizierten Rechtsbeistand sucht, kann, sofern er oder sie in Hamburg lebt, die Öffentliche Rechtsauskunft- und Vergleichsstelle, kurz ÖRA, aufsuchen. Und das bereits seit 1922.

Die bundesweit in dieser Form einmalige Einrichtung verfolgt zwei Grundprinzipien: 1. Gleicher Zugang zum Recht unabhängig von Geschlecht, Einkommen oder Herkunft. 2. Nach Möglichkeit die Vermittlung einer außergerichtlichen Einigung und somit die Vermeidung eines Prozesses vor Gericht. Dem ersten Anspruch trägt die ÖRA mit rund 35.000 Rechtsberatungen pro Jahr Rechnung: Fachjuristen beraten ehrenamtlich, die Ratsuchenden zahlen zwischen null und 20 Mark.

Das zweite Prinzip beruht auf der Überzeugung, dass sich viele Streitigkeiten auch außergerichtlich beilegen lassen, was kostengünstiger und häufig für alle Beteiligten befriedigender ist. Diese Möglichkeit bietet die ÖRA nicht nur Hamburgern mit wenig Einkommen, sondern bundesweit jedermann und -frau, und zwar sowohl für zivil- als auch strafrechtliche Fälle. Letztere, die sogenannten Sühneverfahren, beschränken sich auf die Delikte Leichte Körperverletzung, Beleidigung und Hausfriedensbruch; als typisches Beispiel nennt ÖRA-Leiterin Monika Hartges Nachbarschaftsstreitigkeiten, in denen es zu Beleidigungen kam.

Einigungen in Fällen, die das Zivilrecht betreffen, heißen Güteverfahren. Der Antrag auf gütliche Einigung unterbricht die Verjährung und endet, sofern erfolgreich, mit einem Vergleich: Das Verhandlungsergebnis wird schriftlich fixiert und ist ein vollstreckbarer Titel. Die Höhe des Gegenstandswerts ist dabei völlig irrelevant, auch Streitwerte in Millionenhöhe werden verhandelt. „Ein typischer Fall ist zum Beispiel eine Supermarktkette, die die Lieferung ihres Lieferanten aufgrund bestimmter DIN-Normen beanstandet und reklamieren will“, erklärt Monika Hartges. „Im Ergebnis könnten sich beide Parteien auf ein unabhängiges Gutachten einigen, auf dessen Grundlage dann entschieden wird.“

Als weitere Form der außergerichtlichen Einigung bietet die ÖRA die Mediation. Sie kommt zum Einsatz, wenn emotionale und persönliche Anteile eine große Rolle spielen, also bei Erb-, Scheidungs- und arbeitsrechtlichen Angelegenheiten, und ist zukunftsorientierter und zeitaufwendiger als ein Sühne- oder Güteverfahren. Konkret geht es zum Beispiel um die Aushandlung von Betreuungsplänen für die Kinder nach einer Trennung oder um Nutzungsvereinbarungen für gemeinsames Eigentum, etwa eine Wohnung.

Die Vorteile der ÖRA liegen in ihrer Bürgernähe und in ihrem sehr breiten, qualifizierten Angebot. Sollte es trotz allem zum Prozess kommen, ist zwar die ÖRA nicht mehr zuständig. Die Betroffenen können aber, sofern sie über ein nur geringes Einkommen verfügen, über die Prozesskostenhilfe einen Anwalt beauftragen. Nicole Paul

Infos auch unter: www.oera . hamburg.de

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