: Für Entkriminalisierung
betr.: „Die Cannabisprohibition ist verfassungswidrig“, taz vom 14. 2. 01
Das Bundesverfassungsgericht hat 1994 den Gesetzgeber dazu verpflichtet, die Erfahrungen aus dem Ausland zu verfolgen und neuere wissenschaftliche Erkenntnisse zu berücksichtigen. Laut der Entscheidung von 1994 ist das Cannabisverbot nur dann verfassungskonform, wenn es sowohl geeignet ist, Schäden zu minimieren, als auch das am wenigsten schädliche Mittel ist, das diesen Zweck erfüllt. Aufgrund der wissenschaftlichen Studien der letzten vier Jahre ist inzwischen fraglich, ob das Cannabisverbot eine erneute Überprüfung überstehen wird.
Die Kleiber/Kovar-Expertise für das Bundesgesundheitsministerium zeigte, dass die Risiken von Cannabiskonsum geringer sind als bisher allgemein noch angenommen. Die Kleiber/Söllner-Studie zeigte, dass nur ein sehr geringer Teil der Konsumenten psychisch abhängig ist und dass es bei langjährigen Konsumenten weniger Probleme gibt als bei Konsumenten, die erst seit kürzerer Zeit Cannabis verwenden. Die Repräsentativumfrage des IFT von 1997 in Verbindung mit der zeitgleichen Untersuchung im Auftrag des niederländischen Gesundheitsministeriums zeigte, dass Cannabiskonsum in Deutschland verbreiteter ist als in den Niederlanden. Auch die neueste SFA-Studie aus der Schweiz (siehe http://www.cannabislegal.de) ist interessant, weil sie zeigt, dass es in der repressiven Westschweiz (Romandie) nicht weniger, sondern mehr Cannabiskonsumenten gibt als in der toleranteren Ostschweiz oder im Tessin und gleichzeitig ein größerer Anteil der Cannabiskonsumenten in der Westschweiz psychische und soziale Probleme hat. Die Cannabisprohibition ist also nach aktuellen Erkenntnissen nicht geeignet, Schäden zu minimieren, weshalb auch der Schweizer Suchthilfeverband SFA für eine Entkriminalisierung eintritt. JOE WEIN, Yokohama, Japan
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen