Selbst der Torminator erntet Pfiffe

Das 0:0 gegen Celta de Vigo im Achtelfinalhinspiel des Uefa-Cups stellt keinen gelungenen Beitrag zur Imagekampagne des VfB Stuttgart dar, obwohl es wenigstens Neu-Manager Rolf Rüssmann gelingt, mehr positive als negative Aspekte zu erspähen

aus Stuttgart THILO KNOTT

Überall in Stuttgart hängen Plakate, mit denen der VfB für sich wirbt. Vor der Saison haben die Verantwortlichen diese Kampagne in Auftrag gegeben, um das Image aufzupolieren. Nette Sachen sind da dabei. Trainer Ralf Rangnick fixiert irgendwo in der Ferne ein Ziel und drüber steht „Mission Possible“. Oder Torsteher Timo Hildebrand, der seine Pranken ausfährt, auf dass niemand an ihm, dem „Torminator“, vorbei komme.

Stimmte nach dem torlosen Remis im Achtelfinalhinspiel des Uefa-Cups am Donnerstagabend gegen Celta de Vigo ja auch irgendwie noch. Hildebrand parierte tatsächlich „torminatorisch“. Und die Mission, ins Viertelfinale, eventuell gegen den FC Barcelona, vorzustoßen, ist immer noch „possible“. Nur: das mit dem neuen, erfrischenden Image scheint bei den Fans noch nicht – oder vielleicht sogar nicht mehr – anzukommen. Die nämlich hatten nur eins übrig für den wirklich miserablen Kick ihres Teams: Pfiffe.

Es gab zwei Szenen nach dem Spiel, die Aufschluss gaben über die derzeitige psychische Verfasstheit des VfB Stuttgart. Die erste: Als Hildebrand, im VfB-Imagekonzept eigentlich der Sympathikus aus der Nachbarschaft, zu den Fans lief und sich bedanken und vielleicht sogar ein bisschen entschuldigen wollte, hörte die gellende Ohrfeige für die Spieler nicht auf, weshalb sich Hildebrand schnurstracks umdrehte und abfällig abwinkte. Die zweite: Als Rangnick im DSF-Studio die Wiederholung einer, sagen wir, Halb-Chance vehement einforderte, der Moderator sie ihm mit dem Hinweis der Zeitnot aber verwehrte, raunzte Rangnick: „Wollen Sie nicht oder können Sie nicht?“

Ja, ja, es ist nicht gut bestellt in diesen Wochen um den VfB Stuttgart. Klägliches Aus im Halbfinale des nationalen Pokals (0:3 gegen Schalke in 18 Minuten), in der Liga auf einem Abstiegsplatz und in der kommenden Woche vermutlich das internationale Abtreten. Das alles bei 30 Millionen Mark Schulden.

„Bei der derzeitigen Konstellation der Mannschaft habe ich mehr positive als negative Aspekte gesehen“, schönredete VfB-Manager Rolf Rüssmann. Doch bei der Auflistung der „positiven Aspekte“ wurde schnell klar, dass diese vielleicht ein Fingerzeig in Richtung Zukunft sind, nicht aber für die äußerst missliche Gegenwart. Natürlich kann man sagen, wie es Rüssmann auch tat, die „Frischlinge“ Christian Tiffert und Andreas Hinkel (beide 18 Jahre) hätten sich prima geschlagen gegen die russischen Internationalen Alexander Mostowoj und Waleri Karpin. Überhaupt sei Vigo „keine Landkundschaft“, was immer Rüssmann damit auch meinte.

Doch eines zeigt dies auch: Wer im Abstiegskampf auf 18-Jährige setzt, der kann in die eigentlich verantwortlichen Kräfte kein großes Vertrauen haben. Wieder einmal fand das Mittelfeld (hat Balakow tatsächlich mitgewirkt?) überhaupt nicht statt. Der Ball befand sich stets im Höhenflug (gefühlte 50 Prozent) in Richtung Sean Dundee, der sich als einzige Spitze schon hätte duplizieren müssen, um einen Abnehmer für seine eigenen Kopfballvorlagen zu finden. Das spielerische Niveau der Stuttgarter brachte Vigos Trainer Victor Fernandez auf den Punkt: „Meine Mannschaft hatte Probleme mit dem tiefen Rasen.“

Aussicht auf Besserung? Morgen (17.30 Uhr) im Liga-Alltag gegen die Hertha? Kaum. „Wir müssen vernünftig über die Runden kommen“, sagt Rüssmann. Vernünftig heißt demnach: Nicht absteigen. Mit welchen Methoden auch immer. Zvonimir Soldo ist da schon realistischer in der Einschätzung der Mittel: „Vigo war die klar bessere Mannschaft“, sah der Kapitän sein Team an der Grenze des Machbaren. Der VfB müsse „schnell auf die Bundesliga umschalten“. Aber gesagt hat Soldo auch: „Wir sind in einer schwierigen Situation. Viele Spieler bei uns haben Angst.“ Sollte diese allerdings weiter ständiger Wegbegleiter sein, müsste sich der VfB schon bald eine neue Imagekampagne ausdenken: „Mission Possible“ oder „Torminator“ würde sich in der Zweiten Liga reichlich übertrieben anhören.

VfB Stuttgart: Hildebrand - Hinkel, Soldo, Bordon, Carnell - Roberto Pinto (86. Seitz), Lisztes, Meißner, Balakow (57. Gerber) - Dundee, Tiffert (57. Adhemar) Celta de Vigo: Jose Pinto - Cacares, Berizzo, Alonso - Karpin (84. Hervas), Velasco, Mostowoj, Vagner, Giovanella (73. Edu), Gustavo Lopez (73. Yago Yao) - Catanho Schiedsrichter: Dallas (Schottland)Zuschauer: 18.000