: Polizeireform à la Schönbohm
CDU-Innenminister setzt sich durch: Brandenburg behält nur zwei Polizeipräsidien
In der Auseinandersetzung um die Polizeistrukturreform in Brandenburg hat sich Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) gegen alle Widerstände aus Politik und Polizei durchgesetzt. Künftig wird es in Brandenburg statt der bisher fünf nur noch zwei Polizeipräsidien geben: ein Westpräsidium in Potsdam und ein Ostpräsidium in Frankfurt (Oder). Landeskriminalamt und Polizeischule müssen umziehen, rund 700 Polizeibeamte sollen bis 2006 eingespart werden. Die Brachialität, mit der Schönbohm die vor seinem Amtsantritt gemütlich vor sich hin dümpelnde Polizeistrukturreform durchgezogen hat, ist selbst für den forschen CDU-Mann ungewöhnlich.
Unmittelbar nach seinem Amtsantritt berief Schönbohm einen Beirat ein. Zugleich erhielten die fünf brandenburgischen Polizeipräsidenten den Auftrag, ihm bis Mitte 2001 Veränderungsvorschläge für ihre Zuständigkeitsbereiche vorzulegen. Doch dieses Datum auch abzuwarten war gar nicht vorgesehen. In einem wahren Gewaltmarsch jagte der Exgeneral Polizei, CDU und SPD durch den Entscheidungsprozess.
Schon Anfang Juli 2000 legten die Polizeipräsidien verschiedene Vorschläge für eine Neuorganisation vor. Favorisiert wurde vom Polizeibeirat im Innenministerium schließlich ein Drei-Präsidien-Modell. Aus Einspar- und Effektivitätsgründen sollten die fünf Polizeipräsidien Potsdam, Oranienburg, Eberswalde, Frankfurt und Cottbus künftig zu dreien zusammengefasst werden. Hinsichtlich Fläche, Einwohnerzahl und Kriminalitätsbelastung wäre dieses Modell relativ ausgewogen gewesen. Auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hätte es zähneknirschend mitgetragen.
Unerwartet sprach sich im September 2000 der frisch gekürte neue SPD-Landeschef Mathias Platzeck plötzlich für vier Polizeipräsidien aus. Und damit begann ein politisches Tauziehen: Auf der Seite von Platzeck der SPD-Fraktionsvorstand, die Justiz und sogar Teile von Schönbohms CDU-Fraktion. Am anderen Ende nur der Innenminister selbst mit wenigen Getreuen. Und dazwischen die mächtige GdP mit ihren rund 7.000 Mitgliedern, die plötzlich wieder bei der alten Fünferlösung bleiben wollte. Hilfe für den Minister kam ausgerechnet vom Potsdamer Polizeipräsidenten Detlef von Schwerin (SPD). Er meinte, ein Nord- und ein Südpräsidium täten es auch. Flugs machte sich Schönbohm den Gedanken zu Eigen – und siegte. Nur die GdP ging weiter auf die Barrikaden. Doch Demonstrationen, bei denen die Polizisten ihrem Minister den Rücken zuwandten und ihn auspfiffen, ließen Schönbohm anscheinend kalt.
Dennoch verzeiht ein Jörg Schönbohm einen solchen Affront nicht. Vergebens hoffte GdP-Chef Andreas Schuster denn am Dienstag bis zum Schluss noch auf einige Zugeständnisse seines Dienstherrn. Selbst Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD), der sich für den Erhalt des Präsidiums Cottbus eingesetzt haben soll, weil dort sein Wahlkreis liegt, kapitulierte schließlich vor der starren Haltung seines Innenministers. Ein Nachgeben hätte Schönbohms Autorität beschädigt, und das lässt ein solcher Haudegen nicht zu. Dies hätte Stolpe eigentlich wissen müssen. Und so dauerte die Kabinettssitzung am Dienstag nur etwas länger – bis der Sieger feststand. OTTO DIEDERICHS
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