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Tendenz: unbestimmt freundlich

Der Westen boomt. Der Osten stagniert. So können die neuen Arbeitslosenzahlen gelesen werden. Im Westen nimmt die Arbeitslosenquote ab. Im Osten die Anzahl der offerierten Stellen. Trotzdem herrscht Optimismus

NÜRNBERG taz ■ Ende Februar waren in Deutschland 4,11 Millionen Menschen ohne Arbeit. Das waren 19.400 mehr als im Vormonat, aber immer noch der niedrigste Februar-Stand seit 1995.

Der Zuwachs der Arbeitslosenzahl geht dabei fast ausschließlich auf das Konto der neuen Bundesländer. Dort stagniert die Arbeitslosigkeit seit über einem Jahr kaum verändert auf hohem Niveau. Positive Auswirkungen hat die konjunkturelle Entwicklung weiterhin nur auf den Arbeitsmarkt West. Die Arbeitslosenquote ist im Osten mit 18,9 Prozent mehr als doppelt so hoch wie in den alten Ländern: Dort liegt sie bei 8,0 Prozent.

Während der Arbeitsmarkt West Ende Februar mit 3,18 Millionen Arbeitslosen um 174.000 unter dem Vorjahresniveau liegt, bedeuten im Osten 1,49 Millionen Arbeitslose ein Plus von 9.700 gegenüber dem Februar 2000. Diese Entwicklung hat sich in den vergangenen Monaten beschleunigt. Lag die Zahl der Arbeitslosenzahlen im Oktober vorigen Jahres auch in den neuen Bundesländern immerhin um 24.200 unter dem Vorjahreswert, war schon im Januar eine Zunahme von 4.500 zu verzeichnen.

Das schlägt sich in den Arbeitslosenquoten der einzelnen Bundesländer nieder. Während Bayern und Baden-Württemberg mit 6,2 beziehungsweise 5,2 Prozent glänzen, bilden Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt mit 20,0 bzw. 21,5 Prozent mit weitem Abstand die Schlusslichter.

In Mecklenburg-Vorpommern stieg die Arbeitslosigkeit gegenüber dem Vormonat um 2,1 Prozent, gegenüber dem Vorjahr sogar um 4,2 Prozent an. Jeder fünfte Jugendliche unter 25 Jahren war ohne Job und fast jeder zweite Ausländer.

Wie sehr der Osten vom positiven Gesamttrend abgekoppelt ist, zeigt auch ein Blick in die Beschäftigtenstatistik. Im November 2000 gab es bundesweit 28,03 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigte. Das waren 480.000 mehr als vor einem Jahr. Während für die alten Bundesländer mit 23,1 Millionen ein Plus von 540.000 ausgewiesen wird, ergibt sich für die neuen Länder mit 4,93 Millionen ein sattes Minus von 60.000. Im Februar 1995, also vor 6 Jahren, verzeichnete die Statistik noch eine halbe Million mehr sozialversicherungspflichtig Beschäftigte.

Kein Wunder, dass sich gerade die Stellenmeldungen im Osten besonders schwach entwickelten. So gingen bei den Arbeitsämtern in den neuen Ländern sieben Prozent weniger Angebote ein als vor einem Jahr. Gleichzeitig sanken die Angebote für beschäftigungsschaffende Maßnahmen. Im Februar waren in Arbeitsbeschaffungs- und so genannten Strukturanpassungsmaßnahmen nur mehr 162.100 Personen tätig, das sind fünf Prozent weniger als im vergangenen Jahr. Immerhin erhöhte sich aber die Zahl der Teilnehmer am Sofortprogramm zum Abbau der Jugendarbeitslosigkeit um neun Prozent auf zuletzt 38.900.

Trotz dieser schlechten Werte in den neuen Ländern sieht Bernhard Jagoda, Präsident der Bundesanstalt für Arbeit in Nürnberg, keinen Anlass, seine Prognosen zu korrigieren. Er geht nach wie vor davon aus, dass in diesem Jahr durchschnittlich 3,6 Millionen Menschen arbeitslos gemeldet sein werden. „Ich werde wohl schon Ende März mit fröhlichem Gesicht das Unterschreiten der Vier-Millionen-Grenze verkünden können.“

Vor allem durch den steigenden Fachkräftebedarf ergebe sich, so Jagoda, „die Chance zum Abbau der Arbeitslosigkeit“. 13.000 Elektroingenieure werden jährlich benötigt, aber nur knapp 8.000 Absolventen kommen von den Hochschulen.

BERND SIEGLER

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