: Der Geruch frisch gemulchter Wege
■ Frühlingsgefühle im Volkspark: Der Hamburger SV spielt nur 2:2 gegen den VfB Stuttgart
Gerne werden meteorologische Vergleiche bemüht, wenn es im Fußball um Form und Krise geht. Der Karneval bringt rheinische Teams aus dem Konzept, das Oktoberfest beflügelt die Bayern. Und traditionell befallen den Hamburger SV Frühlingsgefühle, wenn die Temperaturen erstmals im Jahr wieder überzehn Grad steigen.
So schien es auch gestern zu sein, als die Rothosen im Volkspark den VfB Stuttgart empfingen. Bereits nach 11 Minuten führten die Hausherren mit 1:0. Dabei wurden sie freundlichst unterstützt durch die Abwehr der Gäste: Wem bis heute nicht aufgefallen ist, dass Sergej Barbarez nach Eckbällen gerne mal einen Treffer erzielt, dem ist nicht zu helfen. Dennoch schaute Stuttgarts Marques nur zu, als der Bosnier am höchsten stieg und vorbildlich einköpfte.
Doch die Antwort der Schwaben ließ nicht lange auf sich warten. Beriets sieben Minuten nach dem Führungstreffer konnte Pablo Thiam den Ausgleich erzielen. Auch er profitierte eher von der Schwäche des HSV als vom eigenen Können. Zunächst passte Stig Töfting im Mittelfeld katastrophal fehl, und dann wollte der Aushilfslibero Nico Kovac nicht eingreifen, als der Stutgarter allein auf ihn zulief.
Überhaupt war die Abwehr um Kovac – Jan Nico Hoogma, der sonst auflaufende letzte Mann konnte verletzungsbedingt nicht mitspielen – alles andere als souverän. Mehr als einmal konnte der VfB über die Flügel in die Gefahrenzone der Hanseaten eindringen. Insbesondere Pablo Thiam, Jochen Seitz und Krassimir Balakov konnten sich immer wieder durchsetzen. „Wir haben zu wenig aus unseren Möglichkeiten gemacht“, bekannte denn nach Spielschluss Felix Magath, der neue Coach der Stuttgarter.
Letztlich kam es eher überraschend, dass der HSV kurz vor derPause erneut in Führung gehen konnte. Wieder war es Barbarez, jetzt der Führende unter den Torjägern der Bundesliga, der nach einem schönen Pass von Erik Meijer unter Einbeziehung des Innenpfosten Torhüter Timo Hildebrand überwand.
Nach der Pause kamen dann endlich Frühlingsgefühle auf: Der Geruch der frisch gemulchten Wege zog durch das Volksparkstadion, und beide Teams taten ein übriges, jeden Gedanken an Fußball zu verdrängen. Sommerfußball wurde gespielt, mit vielen Fehlpässen, Unzulänglichkeiten auf beiden Seiten. Doch als niemand mehr damit rechnete, dass auf dem Spielfeld überhaupt noch etwas passieren würde, zog der Joker, den Magath aufs Feld gebracht hatte.
Nach einer unübersichtlichen Situation im eigenen Strafraum brachte Kovac den Ball nicht weg. Der wenige Minuten zuvor eingewechselte Viorel Ganea nutzt das Durcheinander und schlenzte den Ball aus zehn Metern in den rechten oberen Winkel.
HSV-Trainer Frank Pagelsdorf war nach dem Spiel alles andere als zufrieden mit seinem Team: „Ein schönes Spiel haben wir nicht gsehen“, wollte aber mit seinem Libero Kovac nicht hadern. Der habe seine Sache im Großen und Ganzen gut gemacht. So versöhnlich ging s zwischen den beiden bekanntlich nicht immer zu. Frühlingsgefühle eben.
HSV: Butt, Kovac, Ujfalusi, Panadic, Töfting, Hollerbach, Cardoso (ab 76. Kientz), Fischer, Meijer, Barbarez, Mahdavikia
Stuttgart: Hildebrand, Hinkel (ab 71. Djordjevic), Marques, Bordon, Wenzel, Todt, Seitz (ab 78. Hosny), Balakov, Thiam, Dundee, Adhemar (ab 67. Ganea)
Schiedsrichter: Jansen - Z.: 35.000
Tore: 1:0 (12.)Barbarez, 1:1 (19.) Thiam, 2:1 (44.) Barbarez, 2:2 Ganea
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