: Energie kämpft Hertha nieder
Die Berliner verlieren in Cottbus 3:0. Die Stimmung im Stadion ist angespannt. Trotz zusätzlicher Polizeikräfte fliegen Rauchbomben aus dem Hertha-Fanblock. Ein Ordner wird verletzt
aus Cottbus MARKUS VÖLKER
Bei Cottbus hängen die Trauben traditionell hoch. Sie stehen vielbeinig da hinten, die Lausitzer, und wollen sich nicht die Butter vom Brot nehmen lassen. Sie laufen lupenreine, blitzsaubere Konter. Und beherrschen die Kunst des Zerstörens so weit, dass es eine Augenweide ist, ihnen dabei zuzusehen. Nach dem 3:0 gegen Hertha BSC am Samsatg hofft Energie Cottbus nun, dass es ergebnismäßig in diesem Stile so weiter geht. Stimmungsmäßig wohl eher nicht.
Denn die Atmosphäre im Stadion der Freundschaft war beim Bundesligaspiel gegen Berlin am Samstag gespannt. Zusätzliche Einsatzkräfte der Polizei sicherten das Stadion. Aus dem Block der Berliner Fans flogen Rauchbomben ins Stadioninnere. Ein Ordner wurde von einem Feuerwerkskörper verletzt. Minutenlang wurde das Spiel unterbrochen. Hertha-Manager Dieter Hoeneß begab sich persönlich in die Fankurve, um zu beruhigen. Er selbst rang eine halbe Stunde nach Abpfiff immer noch um Fassung.
„Wenn das stimmt, dass der Krein gesagt hat, dass Cottbus die Antwort auf den Anschlag auf dem Platz geben will, dann muss er das unbedingt dementieren“, sagte Hoeneß. Der Anschlag wurde in der vergangenen Woche auf den Cottbusser Abwehrspieler Christian Beeck verübt: In sein Eigenheim wurde ein Molotowcocktail geschleudert. Dieter Krein, Präsident von Energie und immer mit einem schnellen Wort zur Stelle, wurde zwar richtig zitiert. Doch es war nicht seine Absicht, die Fans von Hertha BSC Berlin in die Nähe des Anschlags zu rücken. Beeck, der aus Berlin stammt, verließ den Platz am Samstagnachmittag wegen einer Verletzung vorzeitig.
Der ansonsten besonnene, um Ausgleich bemühte Hertha-Manager wollte zunächst nichts zum Spiel sagen, doch dann brach es heraus. „Der Franklin, der fällt ja nur, in einer Tour“, echauffierte er sich über den kleinen brasilianischen Stürmer von Energie Cottbus. Franklin Bittencourt brachte das Kunststück fertig, in einem von Riesen (Preetz, Simunic, Konstantinidis) beherrschten Strafraum ein Kopfballtor zu erzielen, das 2:0 (43.). Zuvor traf Vasile Miriuta mit einem Freistoß zur Führung. Das dritte Tor machte Sebastian Helbig (77.).
„Die schüchtern den Gegner ein“, bemerkte Hoeneß, „treten von hinten in die Hacken. Wir waren nicht in der Lage, uns auf die Spielweise einzustellen – und der Schiedsrichter offenbar auch nicht.“ Hoeneß hatte „rotverdächtige Szenen“ ausgemacht, die ungestraft blieben, und er hatte das Geheimnis der Cottbuser entlarvt: „Mit diesen Mitteln haben sie auch Schalke und Bayern geschlagen.“
Dass sich Hertha BSC, Absolvent und Aspirant der Champions League, auf die üblichen Fiesheiten der ersten Bundesliga herausredet, verwundert. Es ist bekannt, dass Cottbus alle Mittel ausgeschöpft, um im „Überlebenskampf zu bestehen“, wie Trainer Eduard Geyer sagte. Wegen unlauterer Arbeitsauffassung wurden Beeck und Franklin von den Kollegen der Bundesliga unter die unbeliebtesten Spieler gewählt. Aber lässt sich eine Mannschaft, deren Weg weiter steil nach oben führen soll, „den Schneid abkaufen“, von 20.000 Zuschauern, Schneeregen und einem wild entschlossenen Gegner? Und warum musste Trainer Jürgen Röber in der ersten Halbzeit erkennen, sein Team habe um „Tore gebettelt“?
Auf der Pressetribüne wurde gespottet, jetzt wird es noch mal eng nach unten für Hertha. Die 43 Punkte würden aber wahrscheinlich gegen den Abstieg reichen. Berlin war bis zum Spiel in Cottbus die zweitbeste Mannschaft der Rückrunde, was allerdings „glücklichen Siegen“ (Röber) zuzurechnen ist.
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