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Wasserwerke unter Druck

Eine-Welt-Netzwerk und BUND warnen vor Kommerzialisierung der Wasserversorgung: Ende der Nachhaltigkeit, höhere Preise und abnehmende Qualität befürchtet  ■ Von Gernot Knödler

Universitäten, Sicherheitsdiens-te, Energieversorgung. Das Verwertungsbedürfnis des Kapitals lässt immer neue Bereiche, für die ehemals der Staat zuständig war, ins Blickfeld der Marktradikalen geraten. Jüngstes Ziel sind die weit überwiegend kommunalen Wasserwerke. Zum heutigen Weltwassertag haben das Eine Welt Netzwerk, ein Dachverband von 63 entwicklungspolitischen Aktionsgruppen, und der Umweltverband BUND darauf hingewiesen, welche Gefahren von einer Privatisierung der Wasserversorgung ausgehen.

Bereits heute ist möglich, dass Städte und Gemeinden ihre Wasserwerke verkaufen, wie es zum Beispiel in Berlin geschehen ist, das 49,9 Prozent seiner Anteile versilbert hat. Darüberhinaus will das Bundeswirtschaftsministerium die Gebietsmonopole der Wasserversorger aufheben: In einer Stadt wie Hamburg könnten dann neben den Hamburger Wasserwerken (HWW) auch andere Firmen, etwa der französische Konzern Vivendi, Trinkwasser liefern. Ein Gutachten, das eine solche Lösung favorisiert, hat das Ministerium vor wenigen Tagen vorgelegt.

Das Eine Welt Netzwerk und der BUND halten davon gar nichts: „Wasser ist kein normales Handelsgut, sondern vielmehr ein Erbe, das geschützt, verteidigt und als solches behandelt werden muss“, sagt Sibylle Weingart vom Eine Welt Netzwerk. In der Anlage des Gutachtens sei das Ergebnis einer Marktöffnung bereits vorgegeben gewesen. Überdies versuche es, Probleme zu lösen, die nicht vorhanden seien oder nur geringe Bedeutung hätten.

„Die Vorschläge des Gutachtens gefährden unseren, im internationalen Vergleich vorbildlichen Standard im Gewässerschutz und der zunehmend ökologisch orientierten Wassergewinnung“, sagt Manfred Braasch, der Landesgeschäftsführer des BUND. Er befürchtet, dass bei einer Privatisierung die Ausweisung neuer Trinkwasserschutzgebiete verlangsamt würde, weil der Druck der Bevölkerung leichter abgelenkt werden könnte.

Eine Öffnung der Monopole würde zum einen dazu führen, dass Wasser aus großen Entfernungen herbeitransportiert würde. Auf den weiten Wegen müsste das Wasser lange in den Leitungen bleiben und durch große Mengen Chemikalien frisch gehalten werden.

Zum anderen führe die Öffnung zu einer problematischen Mischung von Wassern: Ihr unterschiedlicher ph-Wert kann Rohre korrodieren lassen; eine Mischung von nährstoffreichem aber keimarmen Wasser mit Wasser, das viele Keime aber wenig Nährstoffe enthält, kann die Mikroben-Menge explodieren lassen; sollte eine Umkehrung der Fließrichtung nötig werden, könnten sich Verkrustungen in den Rohrleitungen lösen, und es könnte braunes Wasser aus den Hähnen fließen.

Auch ein wirtschaftlicher Vorteil wäre nicht unbedingt gegeben, findet Hans-Werner Krüger von den HWW. Wie das Beispiel England gezeigt habe, könnte die Privatisierung dazu führen, dass einerseits die Preise erhöht und andererseits die Investitionen in das aufwendige Leitungsnetz mit seinen Pumpen verschoben würden. Aufwendige Vorschriften, Kontrollen und Vertragsklauseln wären nötig, um zu verhindern, dass Firmen sich Wasserwerke nur vorübergehend aneignen und in dieser Zeit auspressen wie Zitronen.

„Die Bürger haben in diesen Anlagen ihr Kapital stecken“, sagt Krüger. Dieses dürfe nicht leichtfertig verschleudert werden. In Hamburg ist diese Gefahr vorerst nicht akut: Der grüne Umweltsenator Alexander Porschke lehnt eine Privatisierung der HWW ab. Auch Bürgermeister Ortwin Runde (SPD) ist „gegen eine überbordende Liberalisierung“. Wasser ist für ihn ein „Grundnahrungsmittel und als solches auch zu behandeln“.

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