Milliarden-Deal

Siemens wird in Spanien 16 Züge vom Typ ICE-3 fertigen. Einstieg in einen riesigen Zukunftsmarkt

MADRID taz ■ Wenn die Siemensvorstände heute aus dem Wochenende zurückkommen, haben sie eine gute Nachricht auf dem Tisch. Spanien gab dem deutschen Elektroriesen den Zuschlag für ein Milliardengeschäft: 16 der 32 Hochgeschwindigkeitszüge, die ab 2004 Madrid mit Barcelona und der französischen Grenze verbinden, werden vom Typ ICE 350E sein. Die anderen 16 Züge soll die spanische Firma Talgo zusammen mit der ehemaligen Daimler-Tochter Adtrans bauen.

Siemens musste sich verpflichten, die ICEs in Spanien herzustellen. Der erste Zug soll in 24 Monaten für den Probebetrieb ausgeliefert werden. Danach muss alle sechs Monate ein Zug vom Band rollen. Mit den neuen Zügen schrumpft die Strecke Madrid - Barcelona von bisher sechseinhalb auf dann zweieinhalb Stunden zusammen, und Paris wird von Madrid in viereinhalb Stunden zu erreichen sein. Bisher dauert die Zugfahrt an die Seine zwölf Stunden.

Der am Samstag erteilte Zuschlag ist für Siemens der Einstieg in den zukunftsträchtigsten Markt Europas. Spanien verfügt mit Ausnahme der Strecke Madrid - Sevilla und einiger Abzweigungen über ein restlos veraltetes Schienennetz. Die Regierung möchte bis 2007 die Hauptstadt per Hochgeschwindigkeit an die wichtigsten Städte des Landes anbinden. 282 neue Züge für einen Gesamtpreis von 7,6 Milliarden Mark wird sie dazu in Auftrag geben müssen.

Hinter dem Zuschlag für die deutsche Firma vermutet Spaniens Wirtschaftspresse einen politischen Tauschhandel. Deutschland wird demnach für den geplatzten Kauf des spanischen Rüstungsunternehmens Santa Barbara entschädigt. Tauschgeschäfte haben bei der Bestellung von Hochgeschwindigkeitszügen in Spanien Tradition. So kaufte Anfang der 90er-Jahre die damalige sozialistische Regierung die ersten 18 Züge für die Strecke Madrid - Sevilla beim französischen Konzern Alstom. Bei dem Deal soll es sich um ein milliardenschweres Dankeschön für die Auslieferung von in Frankreich lebenden Mitgliedern der baskischen Separatistenorganisation ETA gehandelt haben. Damals lieferte Siemens die Streckenelektronik. Dafür soll der Konzern mindestens 16 Millionen Mark Schmiergeld in die Kassen der regierenden Sozialisten gezahlt haben. Siemens holte sich das Geld vermutlich zurück, indem die Preise für verschiedene Bauabschnitte angehoben wurden. Einen beachtlichen Teil der Strecke bezahlte Brüssel. REINER WANDLER