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Die Lage ist hart, die Stimmung schwankend

■ Castor-Protestkultur: Die Jungen sitzen schon, die „Alten“ kommen erst zum Fest

Irgendwo, etliche Kilometer vom Brennpunkt des Geschehens entfernt, sitzen 300 Leute auf dem kalten Acker und freuen sich. Das nächste Dorf – Köhlingen heißt es – ist eine Viertelstunde zu Fuß entfernt, und da ist es schön, endlich Generatoren zu bekommen. Und die Dixie-Klos. Das Zeltlager im Wendland ist die Basisstation der Bremer Castor-Gegner.

Anfangs sei man ziemlich sauer gewesen, so Klaus Beyer, einer der Aktivisten aus Bremen, Oldenburg und Hamburg. Schließlich gehörten auch die Bremer zu jenen Polit-Campern, die von der Polizei aus dem Nahbereich der Castor-Route verscheucht wurden. Doch angesichts gedeihender Infrastrukturen und erster „Aktionen“ stieg die Stimmung am gestrigen Nachmittag. Ob Bremer in den „Kessel von Nahrendorf“ kamen, konnte Beyer nicht sagen. Auf jeden Fall hoffte er auf 200 Aktive von der Weser.

Und die anderen? Diejenigen, die nicht mehr unbedingt ihre Freizeit auf der harten Scholle verbringen möchten? Die erste Generation? „Die Bedingungen sind hart, die Stimmung schwankend“, hat Helga Rinsky vom Bremer Anti-Atom-Forum festgestellt. Trotzdem: Heute will sie im Wendland sein, „mal gucken, wo ich mich einklinken kann“. Sie gehöre eben nicht zu den Leuten, die auf der „Zeitgeistwelle“ schwimmen würden und ihren Hintern nicht mehr hochbekommen – nicht nur gegen den Castor, sondern auch gegen den „Atom-Konsens“.

Salz in den Wunden von Klaus Möhle, Sprecher des Landesvorstandes der Bremer Grünen, 48 Jahre alt und schon anti-atom, „als in Brokdorf noch Wiese war“. Denn am Wochenende, als Möhle und über 40 andere Bremer Grüne zum Gruppentarif demonstrieren waren, da habe man doch versucht, ihnen die Fahne des Landesverbandes zu entreißen – erzählt Möhle und stellt fest, dass die Anti-AKW-Bewegung doch besser beraten wäre, nicht in dieser Form mit ihren Bündnispartnern umzugehen.

Der Kritik zum Trotz will er heute „ein bißchen präsent sein“. Allein, weil er die Transporte „nicht richtig“ findet – wenn es darum geht, im Gegenzug den nächsten Atommüll zu verschicken. Und: Letztens habe er gelesen, dass die heimischen Wildschweine höher radioaktiv belastet seien, weil sie im letzten Winter tiefer gewühlt hätten – Tschernobyl lässt grüßen.

Apropos: Wie stark die Castoren strahlen, soll auch gemessen werden. Zu diesem Zweck wurde eine Wohnung in Danneberg gemietet, nur wenige Meter von der Verladestation entfernt. Am Geigerzähler: Die Bremer Robin-Wood-Energiefachfrau Bettina Dannheim. hase

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