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„Meedee! Du bist mein Lolli“

Aus dem Musikkolleg in Ulan-Bator in die Plattenstudios von Singapur – und dann auf Tournee in die ganze Welt: Die mongolische Popmusik wird international. Minjinsor und Nominerdene von den Sugarbabes sind jetzt zu Gast in Berlin

1995 fand in der Mongolei zum ersten Mal das Festival „Pentatonic“ statt. Jedes Jahr werden seitdem auf dem Festival das beste mongolische Debüt des Jahres, die beste Popband und der beste Sänger, der beste Komponist und der beste Live-Act bestimmt.

Die beste Band des Jahres 2000 war die Boygroup Camerton. Camerton hat vier Mitglieder – Boldoo, Ganaa, Meedee und Eba –, die alle am Musikkolleg in Ulan-Bator Piano und Geige studiert haben. Boldoo und Meedee moderieren die Videoshow „UBS Music“ im mongolischen Staatsfernsehen.

Zur Zeit sind Camerton in Singapur, wo sie auch ihre letzten beiden CDs produziert haben. Trotzdem sind sie zu Hause weiterhin Stars. In der Mongolei gilt Camerton als besonders süße Band, ein Mädchen sagte unlängst im staatlichen Rundfunk: „Meedee! Du bist mein Lolli.“ Auch in Berlin hören alle jungen Mongolen Camerton, auf den mongolischen Partys in der Stadt laufen ihre CDs genauso wie die CDs von Eminem.

Eigentlich kommen die meisten mongolischen Bands und Sänger aus dem Musikkolleg in Ulan-Bator: neben Camerton zum Beispiel Nikiton, Black Rose oder Nomin Talst (zu deutsch: „Die Lasursteine“) und auch die Mädchenband Spike. Spike galten zunächst als die mongolischen Spice Girls. Allerdings haben sie sich nach zwei Jahren getrennt, weil eine von den vier Girls – Maralaa – nach Polen ging, um dort an einem Konservatorium zu studieren. Nominerdene, die in Ulan-Bator in einer Klasse mit Camerton studierte, und Minjinsor haben eine Solo-Karriere eingeschlagen. Beim Pentatonic-Festival wurde Minjinsor 1999 zum besten Debüt gekürt.

Viele der berühmten Bands und Sänger aus der Mongolei kommen auch nach Berlin,um hier Konzerte zu geben – für die etwa 2.000 Mongolen, die hier in der Stadt leben. Camerton waren bereits im letzten Frühling hier. Jetzt kommen auch die beiden Ex-Spikes Minjinsor und Nominerdene. Sonntag erreicht ihre Maschine den Flughafen Tegel, dann gehen sie erst einmal shoppen und einige Bekannte treffen. Am Freitag geben sie ein Konzert in der alten TU-Mensa – als Duo unter dem Namen Sugarbabes.

Die Sugarbabes machen nette Popmusik. Aber es gibt in der Mongolei auch weniger freundliche Entwicklungen in der Musikszene. Gerade erst haben ein paar Death-Metal-Fans auf einem Friedhof ein Grab geöffnet. Sie haben den Sarg aufgebrochen und sich dann zum Musikhören reingesetzt. Das war ein großer Skandal, über den die größte mongolische Zeitung, Seruuleg, zu Deutsch „Der Wecker“, ausführlich berichtete. Und in der Disko „Motorock“, die in Ulan-Bator von Mongolen und Singalesen gemeinsam betrieben wurde, werden, wie inzwischen bekannt wurde, sogar Drogen verkauft. ANGARA BATJARGAL

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