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Lichterer Moment

■ Der Hamburger SV spielt morgen beim SC Freiburg und trifft wieder einmal auf Ex-Keeper Richard Golz

Die Fans des SC Freiburg erlebten vergangenes Wochenende einen kollektiven Kulturschock: „So etwas habe ich noch nie erlebt“, zitierte die FAZ eine aufgebrachte Freiburger Dauerkartenbesitzerin. Soeben hatten sich ein paar hundert Anhänger der Frankfurter Eintracht nach der 2:5-Klatsche mal so richtig danebenbenommen. Einer der notorisch-freundlichen SC-Ordner hatte daraufhin einen Zahn weniger, die Journaille („Haut der Presse auf die Fresse“) ihr Fett wegbekommen. Und dann wurde noch die Abfahrt des Mannschaftsbusses („Wenn ihr absteigt, schlagen wir Euch tot“) verzögert.

Auch Der Ex-HSVer und jetzige SC-Keeper Richard Golz ist nach den Ereignissen vom Wochenende nachdenklich geworden: „Bei den Parolen läuft es einem schon eiskalt den Rücken runter.“ Umso mehr freut er sich, dass morgen mit dem Spiel gegen den Hamburger SV (15.30 Uhr) wieder Bundesliga-Alltag in Freiburg einkehren wird. Zumal er im Hinspiel von den HSV-Fans sogar gefeiert wurde: „Die waren nach der deutlichen Führung natürlich auch in Gönnerlaune.“ Dennoch: Im Gegensatz zu den Hessen haben sich die Hamburger Fans in den letzten Jahren durchaus gesittet betragen. Allerdings hatten sie auch keinen Grund zur Rage, schließlich gewann man im vergangenen Jahr durch zwei Cardoso-Treffer verdient mit 0:2. Überhaupt scheint Freiburg dem HSV zu liegen: Beim 5:0 aus dem Hinspiel hatten die Hamburger einen der lichteren Momente dieser Saison. Seither treten sie bekanntlich des öfteren wie ein Rumpfteam auf – ein Umstand, der sich demnächst auch ganz wörtlich manifes-tieren könnte.

Dass Hans-Jörg Butt in der nächs-ten Saison bei Bayer Leverkusen spielt, steht seit längerem fest. Nun aber mehren sich die Anzeichen dafür, dass auch Ingo Hertzsch an den Rhein wechselt. Hertzsch, der bei Pagelsdorf in Ungnade gefallen ist, ließ sich jüngst in Mulhouse von B-Nationalmannschafstrainer Horst Hrubesch die Streicheleinheiten verpassen, die ihm in Hamburg – nicht zu Unrecht – versagt bleiben: „Man hat gesehen, was für ein guter Spieler er ist. Und das, wo er im Verein so viele Probleme hat.“ Zu allem Unglück verdichten sich auch die Hinweise, dass Nico Kovac der Verlockung nachgibt, statt wie geplant 2002 doch schon im kommenden Sommer zu den Münchner Bayern zu wechseln.

Doch immerhin, morgen scheinen die Personalsorgen beim Hamburger SV nicht im Vordergrund zu stehen: Mit Andrej Panadic und Nico Hoogma hat die Innenverteidigung ihre Blessuren auskuriert, auch Nico Kovac ist fit. Und da beide Teams eher als offensivfreudig gelten, wird sich wohl erneut ein ansehnliches Spiel entfalten.

Den Freiburger Ordnern, die nach der Grenzerfahrung vom Frankfurt-Spiel noch über komplette Zahnreihen verfügen, ist zu wünschen, dass das Ergebnis auch die Hamburger Fans zufriedenstellt. Und nach anfänglichem Bedauern, die Metropole Hamburg mit dem Städtchen an der Dreisam eingetauscht zu haben, fühlt sich auch Golz mittlerweile in Südbaden wohl: „Ich werde hier nach meinem letzten Spiel im Management arbeiten und bin guter Dinge, dass ich da nicht nur für die Ablage zuständig bin.“ Christoph Ruf

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