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Eine Bürgerrente für allein Erziehende

aus Dublin RALF SOTSCHECK

Viele Kinder bedeuteten Armut, das war auch in Großbritannien lange so. Kinder waren aber auch eine Art Rentenversicherung, vor den Zeiten des Wohlfahrtsstaats sorgten sie für die Eltern, wenn diese nicht mehr arbeiten konnten. Seit dem Zweiten Weltkriegs ging die Geburtenrate stetig zurück, nun liegt sie bei 1,7 Kindern pro Familie.

In dieser Statistik versteckt sich allerdings ein anderer Trend: Während in den vergangenen zehn Jahren die Geburtenrate um zehn Prozent gefallen ist, bekamen acht Prozent mehr Frauen drei Kinder. Anders als früher sind es jetzt hauptsächlich wohlhabende Familien, die es sich leisten können, dass ein Partner eine Babypause einlegt – oder sie stellen jemanden ein, der sich um die Kinder kümmert.

New Labour unter Tony Blair ist familienfreundlich. Eine Idee, die bei der britischen Regierung die Runde macht, ist eine Bürgerrente für Leute, die aus dem Arbeitsleben ausgeschieden sind, um Kinder großzuziehen. Profitieren würden von solch einer Rente vor allem verheiratete Paare, die ohnehin ganz oben auf der Rentenskala stehen – aber auch allein erziehende Mütter. Seit langem gelten diese als Bürde für die Gesellschaft, weshalb man sie dann auch mit der Drohung, die Sozialhilfe zu kürzen, zwingt, die miesesten Jobs anzunehmen. Ein Teil des so „gesparten“ Geldes, soll für „Personalberater“ ausgegeben werden, die einer Million allein Erziehenden bei der Arbeitssuche helfen.

Nach einem weiteren „Dritten Weg“ sucht Labour bei der Rente. Von öffentlich-privater Partnerschaft ist die Rede, und es geht um viel Geld: Die Renten betragen mehr als zehn Prozent der öffentlichen Ausgaben. Dabei liegt die Grundrente für allein Stehende mit 200 Mark pro Woche unter dem Sozialhilfesatz. Bei zehn Millionen Rentnern müsste man auch bei einer minimalen Erhöhung tief in die Staatstasche greifen. Andererseits stellen die Rentner ein Viertel der Wahlberechtigten und können deshalb nicht vernachlässigt werden.

Eine Pflegeversicherung wie in Deutschland gibt es in Großbritannien nicht. Und auch keine Debatte über Singles, die für ihr kinderloses Dasein mit zusätzlichen Abgaben bestraft werden sollen. Stattdessen debattiert die Regierung über eine höhere gesetzliche Mindestrente. Diese soll jedoch auf über 75-Jährige beschränkt werden. Denn die ältesten Rentner sind auch die ärmsten.

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