: Zug nach Sellafield
Heute verließen Atommüllbehälter die AKWs Neckarwestheim und Biblis. Greenpeace-Aktivisten ketteten sich an Gleise. Grüne Kritik am Transport
MANNHEIM/WIESBADEN/NECKARWESTHEIM/BERLIN ap/dpa/afp ■ Heute morgen um sieben Uhr verlässt voraussichtlich ein Atommülltransportzug das AKW Neckarwestheim in Richtung der britischen Wiederaufbereitungsanlage Sellafield.
Unterwegs soll er im pfälzischen Wörth mit Waggons zusammengekoppelt werden, deren Ladung – je sechs mit abgebrannten Brennstäben gefüllte Behälter – aus dem hessischen AKW Biblis stammen.
2.000 Polizisten sind auf baden-württembergischer Seite für den Schutz des Atommülltransports vorgesehen. Landespolizeipräsident Erwin Hetger hat ein konsequentes Durchgreifen seiner Beamten angekündigt. Die Polizei setzt Geo-Radar und Infrarot-Nachtsichtgeräte ein, um Blockadeversuche rechtzeitig verhindern zu können. Blockierer müssen zudem mit empfindlichen Kostenbescheiden rechnen, da Baden-Württemberg als bislang einziges Bundesland Gebühren fürs Wegtragen von Demonstranten sowie für Abtransport und Gewahrsam in Höhe von bis zu 300 Mark kassiert.
Die erste Rechnung kriegen wohl die 13 Mitglieder von Greenpeace präsentiert, die gestern mit einer spektakulären Aktion gegen den Transport protestierten. Sie hatten sich am Mannheimer Güterbahnhof an die Gleise gekettet, um die Abfahrt von drei leeren Spezialwaggons nach Neckarwestheim zu verhindern. Diese sollten die mit Brennelementen beladenen Behälter aufnehmen. Die Polizei sägte sie frei und nahm sie fest.
Greenpeace appellierte an die Stromkonzerne und die Politiker, dafür zu sorgen, dass kein weiterer deutscher Atommüll mehr ins Ausland geht. Sellafield sei „die größte atomare Dreckschleuder in Westeuropa“. Die Betreiberfirma British Nuclear Fuel Ltd (BNFL) habe sich durch „Schlampereien“ als seriöser Geschäftspartner disqualifiziert. BNFL erklärte gestern dagegen, ihre Anlage arbeite auf dem höchsten Stand der Technik.
Auch die energiepolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Michaele Hustedt, hat den jüngsten Atomtransport kritisiert. Neckarwestheim habe als erstes AKW die Genehmigung für ein standortnahes Interimslager bekommen. Es sei billiger zwischenzulagern, als in die Wiederaufarbeitung zu transportieren, auch wenn der Betreiber in dem Fall eine Vertragsstrafe an Sellafield zahlen müsste.
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