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Gott ist ein Nichtraucher

In einem Himmel voller sanfter Melodien ist auch für einen DJ noch Platz: Dido spielte Sommerhits in der Columbiahalle

von KOLJA MENSING

In Friedrichshain hat sich bereits ein leichter Brandgeruch unter die Sommerluft gemischt, doch in Tempelhof bewahrt man sich am Abend vor dem 1. Mai den Glauben an die kommunikative Vernunft. Dido leide unter einer „leichten Erkrankung der Atemwege“, heißt es, man möge deshalb doch bitte das Rauchen unterlassen, und das Publikum drückt sofort bereitwillig sämtliche Zigaretten auf dem Boden der Columbiahalle aus.

No smoking, darauf kann man sich einigen, und wenn an diesem Abend nur alkoholfreies Bier und Grapefruitsaft ausgeschenkt worden wäre, hätte man sicherlich auch das für gut befunden. Rockmusik, wie sie von Dido und ihren Fans verstanden wird, ist kein übereiltes subversives Statement, sondern eine wohl durchdachte Konsensentscheidung.

Dido Armstrong, die in diesem Jahr dreißig wird, hatte sich Zeit gelassen mit ihrer ersten eigenen Platte und der dazugehörigen Tournee. „Das letzte Mal war ich vor drei Jahren hier in Berlin“, erinnert sie an ihren Auftritt mit Faithless, der Band ihres Bruders. Auch diese Mitteilung wird freundlich beklatscht, auch wenn man hier mit dem britischen House-Projekt wenig anfangen kann. Für die Jungs und Mädchen in der Columbiahalle ist Gott kein DJ, sondern ein unerkanntes Wesen, das sich heute wie gestern Melodien für einen Himmel voller Gitarren und engelsgleicher Sänger und Sängerinnen ausdenkt.

Der Weg, der in diesem popkulturellen Himmel führt, ist bekanntlich lang und beschwerlich. Dido weiß, dass das Bekenntnis zu redlichem Bemühen genau so wichtig ist wie der Erfolg selbst: „I am no angel, but please don’t think that I won’t try and try“, singt sie und strengt sich an, damit ihr Gesang an besonders enthusiastischen Stellen trotz der leichten Heiserkeit sanft in die Kopfstimme kippt. Wenn sie dazu auf all die bekannten bühnentauglichen Gesten verzichtet und höchstens bei einem besonders eindringlich besungenen Gefühl einmal ihre Hand auf den Ursprung aller Emotionen legt – auf den Bauch also –, dann weiß man: Hier wird ehrlich gearbeitet.

Ein bisschen muss sich auch das Publikum anstrengen, das sich in ärmellosen Tops und Wohlfühlhosen bereits zu Beginn des Konzerts eng aneinander schmiegt und auf einen Abend mit kuscheligem Beziehungsrock eingestellt hat. Denn während Didos Bruder Rollo als Produzent auf der CD „No Angels“ modische Beats nur sanft und leise unter die Stimme gelegt hatte, stehen Bass und Schlagzeug im Konzert weit vorne, und siehe, sogar für einen DJ ist zwischen Keyboarder und Percussionistin noch Platz auf der Bühne: „All you want is right here in this room“, singt Dido. Plötzlich hat man noch viel mehr, als man sich eigentlich gewünscht hätte. Die Lieder, die von den dunklen Seiten der Liebe erzählen, verwandeln sich in ein tanzbares Format, das man gemeinhin Sommerhit nennt.

Es ist ein Format, in das Dido bisher nur in Form von Samples zu passen schien: „Kennt überhaupt jemand die zweite Strophe?“, fragt Dido schüchtern, bevor sie zum Abschluss des Konzertes „Thank You“ singt, den Song, dessen Anfang durch Eminems „Stan“ bekannt wurde und in dem es um Regenwolken und graue Tage geht. In der zweiten Strophe geht es um Glück. Alle hören gut zu, damit sie das nächste Mal, wenn Dido in die Stadt kommt, jedes Wort mitsingen können.

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