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Berlusconis Krieg

Italiens Rechtspolitiker und Favorit bei den Wahlen muss sich wachsender Kritik aus dem Ausland erwehren

ROM taz ■ Nicht mehr in einem gewöhnlichen Wahlkampf befinde er sich, erklärte Silvio Berlusconi am Montagabend in Palermo, sondern in einem „Krieg“ – dem Krieg gegen die „Internationale des Schmutzes und der Verleumdung“. Schon „Internationale“ klingt nach den üblichen Kommunisten, und auch der von Berlusconi als geheimer Drahtzieher genannte Massimo D'Alema hat eine rote Vergangenheit. Doch die Schmutzfinken sitzen zu Berlusconis Leidwesen in den Redaktionen einiger der renommiertesten Zeitungen des europäischen Establishments.

Erst hatte der Economist dem italienischen Rechtskandidaten letzte Woche einen unmissverständlichen Titel gewidmet: „Warum Berlusconi ungeeignet ist, Italien zu führen“. Den britischen Journalisten leuchtet nicht ein, dass Berlusconi trotz vielfältiger und zum Teil noch ungelöster Probleme mit der Justiz, trotz seines Interessenkonfliktes als größter Medienunternehmer und gleichzeitig als Politiker beste Chancen hat, Italiens Regierungschef zu werden.

Am Montag legten zwei weitere Blätter nach. Le Monde erklärte Berlusconi für „disqualifié“. Endgültig aber verrutschte dem sonst penetrant gut gelaunten Rechtspopulisten das Lächeln, als er die Titelgeschichte des spanischen El Mundo zu Gesicht bekam. Ausgerechnet die dem spanischen Premier Aznar nahe stehende konservative Tageszeitung erhebt schwere Vorwürfe: Berlusconi habe seine spanische Tochter Telecinco genutzt, um enorme Kapitalien in Off-Shore-Paradiese zu schleusen und kräftig Steuern zu hinterziehen.

Inhaltliche Einlassungen, gar Widerlegungen der Vorwürfe sind Berlusconis Sache nicht. Die Vorwürfe gegen ihn seien „alt“. Den Interessenkonflikt erklärte er am Montag für inexistent. Als Premier stehe er so stark im Rampenlicht, dass er es sich nicht leisten könne, den Unternehmer Silvio B. zu begünstigen.

Die Vergangenheit belegt diese These allerdings nicht. Obwohl er 1994 nur wenige Monate an der Macht war, brachte Berlusconi ein Steuergesetz durch, das seinem Firmenimperium mal eben 240 Millionen Mark Extra-Ertrag spendierte. Ebenso schnell war die RAI-Spitze ausgewechselt und mit Berlusconi-frommen Journalisten besetzt worden.

Wer immer in Italien an diese Tatsachen erinnerte, musste sich in den letzten Monaten den Vorwurf des Berlusconi-Lagers gefallen lassen, er bastele an einer „Hasskampagne“. Bisher ging diese Strategie auf. Die Linke – die in den fünf Jahren ihrer Regierungszeit nicht zu einer sauberen juristischen Lösung des Interessenkonflikts in der Lage war – verzichtete auf direkte Angriffe. Zu Beginn des Wahlkampfs hatte Massimo D'Alema dekretiert, Reden über Berlusconis Vergangenheit sei der sicherste Weg, die Wahlen zu verlieren.

Doch unter dem Eindruck der europäischen Reaktionen hat sich die Regierung eines Besseren besonnen. Spitzenkandidat Francesco Rutelli spricht nun von einer „echten Wende“ im Wahlkampf; Berlusconi sei zu einem „Fall für Europa“ geworden und habe endlich „klar auf die vielen ungelösten Fragen zu antworten“. MICHAEL BRAUN

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