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Gemütliche Stunden

■ Paul Kuhn spielte mit seinem Trio im KITO eine erlesene Auswahl von Songs

Jetzt zieht er wieder durch die kleinen Clubs des Landes, spielt auf dem Klavier Swingstandards und singt dazu ein bisschen. Genau wie in den späten 40er und frühen 50er Jahren: „Ein Kreis hat sich geschlossen“, sagt Paul Kuhn selbst über diese Rückkehr zu seinen Anfängen, und man merkt es ihm auf der Bühne an, dass dies das Beste ist, was ihm hätte passieren können. Damals spielte er in „Ami-Clubs“ mit seinem Quintett, dem zeitweilig auch Hans „James“ Last und Max Greger angehörten. Danach kam der große Erfolg, der darauf basierte, dass sich Klavier auf Bier reimt, und aus dem Jazz-Paul wurde das Schlager-Paulchen. Aber jetzt kann er tatsächlich wieder ein Konzert geben, ohne dass er spätestens als Zugabe seinen Gassenhauer geben muss. Noch besser: Nicht ein Zuhörer im voll besetzten KITO machte sich der Taktlosigkeit schuldig, lautstark danach zu verlangen. Alle waren tatsächlich gekommen, um Paul und nicht Paulchen zu hören. Wobei der Paul wohl heute nie die Säle so füllen würde, wenn es das Paulchen nicht gegeben hätte.

Da saß er nun also vor dem Steinway im KITO und spielte seine Lieblingstücke. Genau dieser Eindruck beherrschte den Auftritt: Der da am Klavier hat mindestens so viel Spaß an seiner Musik wie wir hier unten, und dadurch gefiel es dann uns ZuhörerInnen nochmal so gut. Etwas Gershwin, einen Bossa Nova von Jobim, eine Filmmusik von Henry Mancini, viel Ellington, und, als es dann doch zu bequem zu werden drohte, ein gemäßigt wildes Stück von Charlie Parker: Die Auswahl war erlesen, und Paul Kuhn spielte die Songs auch jeweils sehr kompakt und sauber, ohne dass er sich großartig durch solistische Virtuosität beweisen musste. Sein Pianospiel war sparsam, melodisch, machmal mit einem sehr angenehmen Anflug von Melancholie, und seine Begleiter Willy Ketzer (Schlagzeug) und Paul G. Ulrich (Bass und vielleicht der jüngste Mann im ganzen KITO) spielten dazu in einem stimmigen, zwar konservativen, aber nie antiquiert wirkenden Stil.

Ein großer Sänger war Paul Kuhn nie (er ist der erste, der dies zugibt). Aber man kennt seine Stimme so gut (auch hier half das Paulchen dem Paul), dass man sie einfach gerne hört. Zwischen den Stücken plauderte er ein wenig: warmherzig, unangestrengt, überhaupt nicht anbiedernd. Es war gemütlich in diesen knapp zwei Stunden mit Paul Kuhn. „Things ain't what they used to be“, heißt eins von den Ellington-Stücken, die er spielte. Nun hat Paul Kuhn zwar nicht gerade den Gegenbeweis für diesen Allgemeinplatz geliefert, aber immerhin gezeigt, dass gute Musik zeitlos ist. Wilfried Hippen

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