berliner szenen: Sind so kleine Hände
Paul lebt
Der Tag, an dem Paul McCartney nach Berlin-Mitte kam, fing damit an, dass ich überlegte, vielleicht doch eine klitzekleine Originalsingle mitzunehmen. (Ich hätte da „Eleonor Rigby/Yellow Submarine“ auf Parlophone, oder „Hey Jude/Revolution“ auf Apple Records.) Schließlich kann man aus einer signierten Beatles-Platte viel Geld schlagen, wenn man mal drogenabhängig wird.
Verdammt, Beatles-Fan zu sein ist schon schlimm genug, aber Paul McCartney ist sozusagen die Persona non grata im weltweiten Cool-im-Alter-Club. Schließlich war er nicht mal früher cool. Außerdem hatte er sich ausdrücklich verbeten, irgendetwas anderes zu unterschreiben als die neue Wings-Compilation „Wingspan“. Der Fan, der jeder Kamera vor dem Stella-Musical-Haus seinen Original-McCartney-Rickenbacker-Bass vor die Linse hielt, hatte das olle Ding umsonst mitgeschleppt und musste es an der Garderobe abgeben. Bekanntlich haben die Beatles, speziell John Lennon, schlechte Erfahrungen mit Fans gemacht.
Der Beatles-Fan zeigte also seine hässliche Fratze und verstopfte, teilweise seit dem Abend vorher, den Marlene-Dietrich-Platz. Und ich stand mitten drin und schämte mich dazuzugehören, also all das Zeug über „den Paul“ zu kennen, über das junge und alte Fans miteinander „fan-talkten“. Später wurde man schubweise eingelassen, durfte dem hamsterbäckigen Sir Paul kurz seine CD hinhalten, die er mit seinen erstaunlich kleinen Händen unterschrieb (diese Hände sollen Klavier bei „Good Day Sunshine gespielt haben?), kurz plaudern (diese Stimme soll „Oh Darling“ gesungen haben?) und Geschäftsleuten zusehen, die Paul ihre Karte rüberschoben („Ruf doch mal an“ – „Sure!“).
Danach sagte ein Mädchen vor der SFB-Kamera, dass es „krass geil“ gewesen sei und sie vor Aufregung nichts verstanden habe. JENNI ZYLKA
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