: Jesus und die Ketzer von Bremen-Remberti
■ Schwachhauser Kirchengemeinde zeigt provozierendes Theaterstück: „Ketzer Jesus“
Zuckende Feuer, sich krümmende Körper, Schreie – für ein Theaterstück in der Bremer Remberti-Gemeinde brennen sie wieder, die Scheiterhaufen der Ketzer. Pastor Helmut Langel hat es geschrieben und führt auch Regie in der Inszenierung mit dem provozierenden Titel: „Ketzer Jesus“.
Der Pastor der Schwachhauser Gemeinde will zur Diskussion anregen: „Das Stück ist ein Plädoyer für Glaubensfreiheit und Toleranz“, sagt er. Fragen nach der Dreieinigkeit, nach der Stellung der Frau in Kirche und Gesellschaft oder danach, ob Jesus ein Jude ist, sorgen auch in der heutigen Kirchenlandschaft für Zündstoff. Daraus leitet Langel die zentrale Frage des Stückes ab: Würde Jesus heute aus der Kirche austreten? Wäre der Heiland gar selbst ein Ketzer?
Über 50 Gemeindemitglieder aus Jugendkreis und Theatergruppe wirken mit. Die Grundidee, sperrig zu sein und gleichzeitig zu unterhalten, setzte Kantor Nils Kuppe musikalisch um. Ein Chor und einige Musiker spielen die Eigenkompositionen, die nach Kuppes Angaben „nicht begleiten, sondern unterstützen sollen“. Einen weiten Bogen spannt der Kirchenmusiker durch die Epochen, vom mittelalterlichen Tanzlied über den Choral hin zum modernen Song. Provozierend ist auch die Zusammenstellung. Zur heiteren Melodie singen die Mönche der Kirche: „Wir sind die heilige Inquisition.“
Auf der Bühne links ist der „Scheiterhaufen“, ein Holzkreuz, umspannt mit Seilen. Hier lodern die Feuer der Hexen und Ketzer. Auf der rechten Seite steht das Wort „Hokuspokus“ unter den lateinischen Worten „hoc est corpus meum“ (dies ist mein Leib). Hier entwickeln die so genannten Ketzer und Hexen ihre philosophischen und „gotteslästerlichen“ Gedanken. Sie werden von Langel und seinem Ensemble durch historische Figuren wie Giordano Bruno auf die Bühne gebracht. Doch nicht nur Katholiken treten auf. Langels These: „Die evangelische Kirche stand in der Frage der Inquisition der Katholischen um nichts nach.“ Deshalb lässt er auch den Reformator Calvin auftreten, der den Arzt Michael Servet an die Inquisition verraten hat.
Wie heiß die Eisen sind, die in „Ketzer Jesus“ aus dem Feuer geholt werden, erfuhr Langel bei der Anmeldung des Stückes zum Kirchentag in Frankfurt. Das Stück wird nicht ins Hauptprogramm genommen, sondern unter „Kultur“ verbucht. Ob's daran liegt, dass sich Jesus am Ende von seinem Kreuz löst, leibhaftig durch die Zuschauer marschiert und die Kirche auf diesem Weg verlässt? sand
Aufführungen vom 10. bis 13. Mai, 20 Uhr, Remberti-Gemeinde, Friedhofstraße 10. Diskussion am 12. Mai um 16 Uhr.
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