: Kein Platz für das Opfer
betr.: „Der Gentleman will nur noch heim“, taz vom 7. 5. 01
Wirklich bemerkenswert an den „genialen“ Posträubern scheint mir, dass es auch dem aufmerksamen Zeitungsleser trotz umfangreichster Berichterstattung nicht recht gelingt, sich ein Bild vom Schicksal des einzig wirklichen Opfers, des niedergeknüppelten Lokomotivführers, zu machen. Die Welt meint, er sei sieben Jahre später an Krebs gestorben, bei der SZ wirkten „möglicherweise“ Spätfolgen der Verletzungen, und Focus hat ihn gleich am Tatort sterben lassen ohne Namensnennung und weitere Ausführungen. Bei der taz war es eine Lungenentzündung, und warum der Sohn des Opfers einen Zusammenhang zur Tat sieht, darf, wer will, sich allein zusammenreimen. Wirklich interessieren tut diese Frage niemanden, auch Herrn Sotscheck nicht, obwohl eine ganze Seite Platz ist. [...]
JÜRGEN LOTTERER, Marburg
Die armen Pendler?
betr.: „Steuerrecht leicht gemacht“, taz vom 10. 5. 01
Der Bremer Wirtschaftswissenschaftler Rudolf Hickel sprach in seiner „alternativen Meinung“ davon, dass die Entfernungspauschale nicht, wie von der Expertenkommission gefordert, aufgehoben werden könne. Seine Behauptung: Die Abwanderung von der Stadt ins Land sei nicht mehr rückgängig zu machen und durch die Abschaffung entstünden für Pendler „unzumutbar massive Belastungen“.
Dieser Standpunkt, der wieder ausgerechnet dem Umweltverschmutzer Nr. 1 eine Sonderstellung zugestehen würde, ist mir völlig unverständlich. [...] Wer soll diese Belastung denn sonst übernehmen? Natürlich der Nichtpendler, der dann ziemlich genau jenen Steuerbetrag mehr zahlen muss. Die Städter, die kaum derartige Verkehrs- und Umweltprobleme erzeugen, müssen zu ihren eigenen finanziellen Problemchen auch noch die der Pendler übernehmen. [...] Wir Städter tragen eine „unzumutbar massive Belastung“ nicht nur durch die höhere Einkommensteuer, sondern auch wegen des krankmachenden Lärms und der Abgase – unzählige Milliarden, die uns keiner abnimmt. Die Pendler umgekehrt können sich als unverdiente Besser-Subventionierte ein spottbilliges Grundstück im schönen, ruhigen Grün kaufen [...]. Wir hingegen sind dann die Deppen und „Rüpelradler“.
Pendler, die sich auf unsere Kosten überschuldet haben, müssen sich endlich ohne unsere Alimentierung zurechtfinden. [...] Übrigens: Um die Allgemeinheit in Bezug auf die Schäden durch den Autoverkehr wirtschaftlich durch eine angemessene Mineralölsteuer zu entschädigen, muss die Steuer etwa 4,7 Mark pro Liter betragen. Die Melkkühe sind also die Nicht- oder Wenig-Autofahrer und nicht die, die den meisten Lärm machen.
KLAUS BUGGISCH, Karlsruhe
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen