Schöpfer einer Revolutionsikone

Der kubanische Fotograf Alberto Korda, der das weltbekannte Foto von Che Guevara schoss, ist gestorben

SAN SALVADOR taz ■ Es war am 5. März 1960. Fidel Castro sprach in Havanna vor mehr als 100.000 Menschen. Am Tag zuvor war im Hafen der Stadt der belgische Frachter „Coubre“ mit einer Ladung Waffen explodiert. 137 Menschen waren getötet worden. Bis heute bestreitet der US-Geheimdienst CIA seine Verantwortung für das Attentat. Neben Castro standen Jean-Paul Sartre und Simone de Beauvoir auf der Bühne. Ernesto Che Guevara war verdeckt in der zweiten Reihe. Nur einmal trat er kurz an den Rand des Podests und blickte über die Menge. Alberto Korda, Fotograf der Zeitschrift Revolución, drückte auf den Auslöser. Die wohl bedeutendste Ikone der Revolutionsromantik war im Kasten.

Jeder kennt dieses Bild: Che, bärtig, mit festem Blick. Auf dem Kopf die militärische Baskenmütze mit 5-zackigem Stern. „Der heroische Guerillero“ nannte der Fotograf sein bekanntestes Werk. Korda starb am Freitag nach einem Herzinfarkt 72-jährig in Paris. Am Samstag hatte er nach Kuba zurückkehren wollen.

Beinahe wäre das Che-Porträt vergessen worden. Revolución hatte damals kein Interesse an dem Foto. Jahre später schenkte Korda dem linken italienischen Verleger Gianfranco Feltrinelli einen Abzug. Als dann Che Guevara im Oktober 1967 in Bolivien ermordet wurde, brachte Feltrinelli das Foto groß heraus.

Korda hat das nie gestört. Er freute sich, dass sein Foto tausendfach auf T-Shirts und Plakaten bei den Demonstrationen der 68er-Revolte auftauchte. Seine Autorenrechte kümmerten ihn nicht. Erst als im vergangenen Jahr der Wodkahersteller Smirnoff das Bild für eine Werbekampagne in England verwendete, wurde es Korda zu viel. Er klagte und bekam in einem außergerichtlichen Vergleich 50.000 Dollar Schadenersatz. Als guter Revolutionär spendete er das Geld für Medikamente für kubanische Kinder.

Angefangen hatte Korda als Modefotograf. Unter seinem bürgerlichen Namen Alberto Díaz Gutiérrez führte er in den 50er-Jahren eines der bekanntesten Studios in Havanna. Nach dem Sieg Castros arbeitete er für Revolución, dann Jahrzehnte lang für Granma, das Zentralorgan der Kommunistischen Partei. Er hat Castro fotografiert, wie er im New Yorker Zoo einem Tiger fest ins Auge blickt. Wie er mit Guevara Golf zu spielen versucht. Wie er in Russland Ski fahren lernt . . . Berühmt wurde nur sein Che-Porträt. Er trug es bis zu seinem Tod als Medaillon um den Hals. TONI KEPPELER