: Die Rückkehr der grauen Eminenz
■ Mit Staatsrat Dirk Reimers kommt wieder Corpsgeist in die Innenbehörde
Die graue Eminenz kehrt zurück: Dirk Reimers wird zum zweiten Mal Innen-Staatsrat, um für den neuen Behördenchef Olaf Scholz die Wogen bei der Polizei glätten. Scholz braucht einen wie den 58-jährigen Verwaltungsjuristen, weil dieser mit dem Polizeiapparat bestens vertraut ist und auch unter den Hardlinern in Uniform großen Respekt genießt.
Reimers war 1987 vom damaligen Innensenator Volker Lange (SPD) zum Polizeipräsidenten ernannt worden. In seiner vierjährigen Amtszeit stellte er sich stets bedingungslos vor den Apparat. Affären wurden vertuscht oder zumindest beschönigt. Als Amnesty International 1989 die Praxis einzelner Polizeieinheiten als „Menschenrechtsverletzungen“ anprangerte, wiegelte Reimers die „Diffamierungen“ ab.
Im September 1991 wurde Reimers von SPD-Innensenator Werner Hackmann als Staatsrat ins Machtzentrum der Behörde geholt. Auch in seiner neuen Funktion war ihm der Apparat oft wichtiger als sein Dienstherr. Als Hackmann 1994 „unseligen Corpsgeist“, falsch verstandene Kameraderie und sogar rassistische Tendenzen in der Polizei zu ahnen begann, kochte Reimers alles klein.
Im September 1994 verlor Reimers die Kontrolle über die zunehmend angespannte Situation. Der von der taz hamburg öffentlich gemachte rassistische Überfall von zwei Beamten der Wache Lerchenstraße auf den Senegalesen Dialle D. sowie zunehmende Misshandlungsvorwürfe gegen die Wache Kirchenallee wurden zu Kernthemen des Hamburger Polizeiskandals, der einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss nach sich zog. Hackmann trat zurück, weil er „die Mauer des Schweigens“ nicht durchbrechen vermochte, die ihn umgab.
Obwohl Reimers als Dienstherr von „PS 3“ – dem heutigen „Dezernat Interne Ermittlungen“ – in Kenntnis aller Vorfälle war, informierte er seinen Senator nur spärlich. Als dieser schließlich versuchte, ein Machtwort zu sprechen und 26 Polizisten zu suspendieren, verweigerten Reimers und die Polizeiführung ihm die Gefolgschaft, Hackmann zog am 13. September 1994 die Konsequenzen, Reimers wurde kurz darauf als Staatsrat der Finanzbehörde aus der Schusslinie genommen.
„Wenn eine Reform der Hamburger Polizei überhaupt eine Chance haben kann, dann nur ohne Reimers“, kommentierte damals die taz hamburg: „Der Mann muss weg.“ Jetzt ist er wieder da.
Kai von Appen
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