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Letzte Chance für das Rückgrat

■ Jugendliche nutzen Vorsorgeuntersuchungen zu wenig

Es ist fast so eine Art Eltern-Erlaubnis-Führerschein. Ohne das gelbe Heft mit den Vorsorgeterminen wird kein Elternpaar aus der Ge-burtsklinik entlassen. Bis zum sechsten Lebensjahr des Kindes wird dort pedantisch genau aufgelistet, wann, nach wieviel Tagen, Wochen oder Monaten welche „U“-Untersuchung stattzufinden hat.

Anders ist es mit der 1996 eigeführten Jugenduntersuchung (JGU), die Kinder im 13. Lebensjahr machen sollten. Kinder- und Jugendärzte – wie sie eigentlich heißen – bemängeln immer wieder die Untersuchungslücke zwischen sechstem und 13. Lebensjahr. Nun kommt Kritik von der anderen Seite: Laut Techniker Krankenkasse (TK) hätten 1999 nur 30 Prozent aller Hamburger Jugendlichen diesen Gesundheitscheck gemacht. „Das hat mit dem Verhalten der Eltern zu tun“, sagt TK-Sprecher John Hufert. „Die haben oft das Gefühl, ihre Kinder werden schon nichts haben und nehmen deren Gesundheit nicht so wichtig.“

Die Früherkennungsuntersuchung sei aber die letzte Möglichkeit, um häufig vorkommende Rückgrat-Verkrümmungen frühzeitig zu erkennen. Auch sei die JGU keine rein medizinische Untersuchung. Der Arzt berät auch zu Themen wie Rauchen, Alkohol, Drogen, Sexualität und Ernährung. Hufert: „Es ist nicht zu unterschätzen, welche Wirkung es hat, wenn nochmal eine Instanz davor warnt, welche Folgen beispielsweise das Rauchen hat.“ Auch eventuelle Probleme in der Schule, mit Freunden oder im Elternhaus könnten mit dem Arzt erörtert werden.

Der Gesundheits-Check sei auch deshalb wichtig, weil die Schulärztliche Untersuchung in Hamburg nicht mehr flächendeckend stattfindet. Auch würden Eltern zunehmend die letzte „U“ vor den Schulbeginn, die „U9“, vergessen. Seit einem die Säulingsschwester das gelbe Heft in die Hand drückte, sind dann aber auch schon endlos viele Monate vergangen. kaj

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