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Zeuge präpariert

RZ-Verfahren: Bundesanwaltschaft gewährt Kronzeuge hinter dem Rücken des Gerichts Einsicht in Akten

Im Prozess gegen mutmaßliche Angehörige der „Revolutionären Zellen“ herrschte am gestrigen fünften Prozesstag nicht nur bei der Verteidigung der fünf Angeklagten, sondern ausnahmsweise auch bei den Richtern Empörung über die Bundesanwaltschaft. Diese hatte ohne Wissen der Vorsitzenden Richterin und der Verteidigung Akten an den Kronzeugen Tarek Mousli weitergegeben.

Unter normalen Umständen dürfen Verfahrensakten nach Anklageerhebung nur durch das Gericht zur Einsicht freigegeben werden. Nachforschungen der Verteidigung und der Kammergerichtsvorsitzenden Hennig hatten jedoch ergeben, dass die Vertreter der Bundesanwaltschaft sich über diese Vorschrift hinweggesetzt haben.

Vor der Verhandlung mussten die Bundesanwälte dann zugeben, dass dem Kronzeugen Tarek Mousli und dessen Anwalt die Anklageschriftsätze gegen die fünf mutmaßlichen Mitglieder der Revolutionären Zellen sowie Vernehmungsprotokolle und weitere, bisher ungenannte Schriftsätze überlassen wurden.

Tarek Mousli soll ab dem 14. Juni als Zeuge der Anklage in dem derzeit laufenden Verfahren vor dem Berliner Kammergericht befragt werden. Der ehemalige Kampfsportlehrer war im Dezember letzten Jahres aufgrund seiner Kooperationsbereitschaft mit den Ermittlungsbehörden und mehrbändigen belastenden Aussagen gegen die Angeklagten zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren verurteilt worden.

Die Verteidigung der fünf Beschuldigten beantragte gestern bei der Vorsitzenden Richterin, die Rechtswidrigkeit des Vorgehens der Ankläger festzustellen. Darüber hinaus verlangt sie Aufklärung darüber, welche Absprachen in der Vergangenheit zwischen dem Anwalt des Kronzeugen und der Bundesanwaltschaft stattgefunden haben.

Rechtsanwalt Wolfgang Kaleck, der den Beschuldigten Matthias B. vertritt, sagte gegenüber der taz: „ Die Bundesanwaltschaft will den Zeugen Mousli offenbar weiter präparieren. Damit wird das ohnehin schon unsichere Beweismittel Kronzeuge noch mehr entwertet.“

Kaleck erinnerte daran, dass die Anklage wegen Mitgliedschaft in den Revolutionären Zellen gegen vier Männer und eine Frau sich im Wesentlichen auf die Aussagen Mouslis stützt. „Diese enge Bindung führt offensichtlich dazu, dass die Bundesanwaltschaft tief in die Mottenkiste der schmutzigen Tricks aus den Terroristenprozessen der Siebzigerjahre greift“, so Kaleck. Nun fragen sich die Verteidiger, ob ihnen überhaupt die gesamten Akten vorliegen, auf die sich die Ankläger aus Karlsruhe stützen.

Der Terminplan des gesamten Prozesses ist auch aus einem anderen Grund einmal mehr in Frage gestellt: Akute Gesundheitsprobleme der angeklagten Sabine E. und der enge Terminplan des Anwalts von Tarek Mousli werden voraussichtlich zu weiteren Verzögerungen vor der Sommerpause im August führen. HEIKE KLEFFNER

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