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Rettet die Punke!

■ An der Schlachte schippert seit einem Jahr ein schniekes grün-gelb-weißes Weser-mobil / Nur hat das noch kaum jemand entdeckt, mehr als 6,3 Gäste gibt es selten

Früher muss auf der „Punke“ echt was los gewesen sein. Früher, als die Punke noch „Weinhexe“ hieß und auf der Mosel schipperte, kredenzten Winzer hier mit Remmidemmi und vielen Gästen ihre neuesten Weine. Aber das war ja früher: Heute heißt die „Weinhexe“ nur „Punke“ und dieselt Tag für Tag ein paar hundert Meter die Weser rauf und runter – doch leider ist die Stadtbarkasse meistens leer.

Wir beobachten das nämlich genau. Täglich von 10 bis 20 Uhr schmiegt sich die gelb-grün-weiße Maid in die Wellen am Martiniableger und schaukelt gen Weserbahnhof. 40 Mal am Tag sticht sie in die Unwägbarkeiten des rauen Weserwassers, fährt unbeirrbar hin, fährt zurück, am Wochenende sogar bis zum Café Sand. Tapfer zieht das Schiffchen seine Runden, auch wenn niemand mitfährt. Das passiert häufig. Dabei hat die „Punke“ Platz für 48 Passagiere!

Die beiden Kapitäne können auf jeden Fall nichts dafür. Georg Stellmacher, 46 Jahre alt, aus Bromberg in Polen, und Juri Hollstein, 37 Jahre alt, aus Sibirien, sind nämlich sehr freundlich. Und sehr erfahren. Georg fuhr früher Containerschiffe um die ganze Welt, Juri tuckerte mit Kiespötten von Rotterdam bis nach Russland. Mit diesen Profis kann also nichts passieren. Selbst als die riesige „Oceania“ titanicgleich auf den Martiniableger samt „Punke“ zusteuert, reißt Käpt'n Juri das Steuer nur gelangweilt zur Seite, gibt Gas und donnert in Richtung anderes Weserufer. Die „Oceania“-Bugwelle ist gewaltig, aber die „Punke“ schaukelt kaum. Immerhin ist sie fast 10 Meter lang, hat vier Zylinder und 100 PS. Neun Knoten Spitze!

„Ja, es gibt auch Tage ohne Passagiere“, sagt Käpt'n Georg traurig und greift Käpt'n Juri ins Steuer, weil der heute seinen ersten Tag hat und den Anleger irgendwie schief anfährt. „Aber heute hatten wir schon 73!“

Das könnte nicht reichen für die „Punke“. Ist sie doch Teil des Konzepts des Wirtschaftssenators, die Schlachte zu beleben. Deshalb bekommt der Betreiber „Hal-Över“ Zuschüsse. Wie viel genau, will niemand sagen. Hal Över-Geschäftsführer Dieter Stratmann bemerkt nur, das kleine Schiff verbrauche nur 3 Liter Schiffsdiesel auf 100 Kilomter: „So viel ist das doch nicht: Die Betriebskosten liegen nur bei rund 200.000 Mark im Jahr.“

Mit 4.300 Passagieren fing die „Punke“ im Mai 2000 an, machte dann pro Tour wochentags durchschnittlich gerade mal 4,9 Fahrgäste. Inzwischen sind es immerhin 6,3 Passagiere pro Fahrt, an sonnigen Wochenenden mehr. Wer sieht, wie oft Juri und Georg allein ihre verwegene Fahrt entlang der Schlachte antreten, kann selbst diesen zurückhaltenden „Hal Över“-Angaben nicht trauen. Aber auch Stratmann ist nicht zufrieden: „Sicher haben wir es versäumt, Werbung zu machen. Eigentlich hatten wir aber auf die Busse gehofft, die am Weserbahnhof ankommen. Nur: da ist kaum etwas.“ Und die Punke bleibt leer.

Im 18. Jahrhundert waren die Punken übrigens Freudenmädchen, die den Punken – den heutigen Osterdeich zwischen Wall und Dobbensiel – bevölkerten, um sich bei Flaneuren ein paar Euro dazuzuverdienen.

Also, liebe Bremer: Bevölkert die Punke (für nur einen Euro pro Tour)! Im September nämlich endet die zweijährige Testphase des Schiffchens. Dann wird alles nochmal durchgerechnet. Und dann könnte alles vorbei sein mit Juri und Georg und dem schniekesten, schnittigsten Wesermobil, das Bremen je hatte. ksc

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