: „Chance für einen Neuanfang“
Der PDS-Fraktionschef Harald Wolf will sich nicht an einer Interimsregierung beteiligen. Nach der Wahl aber sieht das anders aus. Im Vordergrund bei einer neuen Koalition soll die sozialverträgliche Konsolidierung des Haushalts stehen
Interview RICHARD ROTHER
taz: Herr Wolf, die große Koalition ist am Ende. Ist jetzt das Volksbegehren für Neuwahlen noch notwendig?
Harald Wolf: Das Volksbegehren wird so lange stattfinden, bis ein Termin für Neuwahlen definitiv feststeht.
Möglicherweise muss es vorher einen Interimssenat geben. Ist die PDS dabei?
Wenn sich die CDU Neuwahlen verweigert, unterstützen wir ein konstruktives Misstrauensvotum. Wir als PDS würden in einen Übergangssenat nicht eintreten, wären aber bereit, ihn mitzuwählen. Wir wollen uns nicht auf kaltem Weg in die Regierung schleichen, sondern ein klares Wählervotum.
Aber nach den Wahlen würde sich die PDS an der Regierung beteiligen?
Das hängt davon ab, ob man in möglichen Koalitionverhandlungen zu tragfähigen Vereinbarungen kommen kann. Im Vordergrund stünde dabei, wie der Landeshaushalt saniert werden und dabei die soziale Balance in der Stadt gewahrt bleiben kann.
Sie treten für einen „unvermeidliche Konsolidierungskurs“ in der Haushaltspolitik ein. Wie wollen Sie Einschnitte Ihrer Basis nahe bringen?
Wir müssen andere Prioritäten in der Sparpolitik setzen. Bisher sind ganze Bereiche – etwa in den Hauptverwaltungen – verschont worden, während bei den Lehrern längere Arbeitszeiten verabredet wurden. Da, wo es um die Umverteilung von Akten in der Hauptverwaltung geht, kann noch Speck raus. Zudem leisten wir uns noch eine Vielzahl von unsinnigen Investitionsprojekten wie zum Beispiel die U 5 oder die städtebaulichen Entwicklungsgebiete. Da müssen wir erstmal ran. Da kann es natürlich auch zu Einschnitten kommen, von denen die Bürger betroffen sind. Das müssen wir mit den Bürgern diskutieren; sie werden aber Einschnitte eher akzeptieren, wenn sie spüren, dass nicht nur bei ihnen gespart wird.
Wo würde ein Finanzsenator Wolf den Rotstift ansetzen?
Im Moment geht es erst einmal darum, dass wir Neuwahlen bekommen und die Chance für einen Neuanfang in der Stadt nutzen. Dafür brauchen wir sicher einen frischen Wind in der Verwaltung; dafür müssen wir das Gespäch mit den Gewerkschaften suchen. Es gibt intelligentere Lösungen, im öffentlichen Dienst zu Einsparungen zu kommen, als betriebsbedingte Kündigungen auszusprechen. Ob das an meiner Person hängen muss, werden wir sehen.
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