: Meine Prioritäten für Deutschland
Prioritäten für das Geschwätz der Zukunft in der zukunftsfähigen Bundesrepublik der Zukunft – gemeinsam gestalten!
In memoriam Angela Merkel.
IN Vieles verändert sich; das Geschwätz auch. Es hat sich erneuert – mit klarem Blick auf die veränderte Wirklichkeit und im klaren Bewusstsein seiner eigenen, bleibenden Werte und Grundsätze. Wir wissen: Allgemeines Dahergerede braucht schwammige Aussagen.
Aber immer deutlicher spürbar ist auch: Schwulst braucht Richtung. Er braucht Prioritäten und Ziele. Nur Geschwafel, das beides miteinander verbindet, ist zukunftsorientiertes Geschwafel. Und nur das kann unser Land weiterbringen. Vier Voraussetzungen sind dafür zu erfüllen.
Erstens: Zukunftsfähiges Geschwafel ist Geschwafel aus Überzeugung. Das heißt, es folgt einem inneren Kompass. Bei mir ist es das Bedürfnis, einfach mal was loszuwerden. Zweitens ist zukunftsfähiges Gerede, das ich meine, teamfähig, also auf die Ermüdung aller Zuhörer und Leser angelegt. Denn nur so lässt es den Raum entstehen, in dem die bestmöglichen Worthülsen gefunden werden.
Zukunftsfähiges Geschwafel hat drittens die Fähigkeit, die Vielschichtigkeit der Sachprobleme anzunehmen und sie auch auszuhalten – denn nur so lassen sich Worthülsen nicht nur aus bestem Gewissen, sondern auch aus bestem Wissen formulieren.
Vierte Voraussetzung für zukunftsfähiges Geschwafel: Es verlangt die Abschaltung des Hirns. Die Konversation gestalten kann nur, wer sein Hirn abschaltet. So entsteht das moderne Geschwafel der Mitte.
Das Ziel dieses Geschwafels ist für mich diesmal das Wir-Gerede. Seine Grundlage ist die Einsicht, dass Dampfplauderer und Schwätzer nur gemeinsam gewinnen können: Die Kommunikation und die allgemeine Hirnlosigkeit müssen so gestaltet werden, dass jeder Einzelne die Chance erhält, für sich persönlichen Nutzen zu ziehen und neue Freiräume für noch blöderes Geschwafel zu gewinnen.
Wer aber gerade einen Frosch im Hals hat, hat Anspruch auf Solidarität der anderen. Entfaltung des eigenen Geredes und die Bereitschaft zum besinnungslosen Drauflosplappern – das sind die zwei Seiten des Wir-Geredes.
Ich freue mich über jeden Dummbeutel, der erfolgreich im Fernsehen daherredet. Aber ich freue mich mindestens ebenso über erfolgreiche Wichtigtuer, die sich auch um die gesellschaftlichen Grundlagen dieses Geschwätzes kümmern. Sich-selbst-gerne-reden-Hören wird dann wirklich wertvoll, wenn der Dauerredner zugleich ein guter „Abnicker“ ist.
Wer gute Geschwätzbedingungen will, handelt im wohl verstandenen Eigeninteresse, wenn er sich auch für gute Zuhörbedingungen engagiert. Unternehmen mit gut gepolsterten Stühlen haben das verstanden und freuen sich über besonders zufriedene und motivierte Mitarbeiter.
Wer die Schwätzer in konkurrierende Gruppen spaltet, macht Geschwätz zu einem Nullsummenspiel: Kann der eine Schwätzer drei Stunden lang ununterbrochen reden, tut er es auf Kosten anderer. Redet einer, muss ein anderer zuhören. Modernes Geschwätz der Mitte wird über dieses Nullsummenspiel hinauskommen. Sein Ziel ist das Wir-Gerede: Jeder soll dem Geschwätz zuhören, aber auch den Spielraum bekommen, selbst kräftig vom Leder zu ziehen. Modernes Geschwätz der Mitte will den Menschen ein Umfeld der Hirnlosigkeit sichern und sie zur Verblödung ermutigen. Die Globalisierung verlangt Fremdwörter und Elukubration.
Zugleich wissen wir um die Bedeutung von Familien-, von Markt- und Gartenzaungeschwätz. Das ist ein Spannungsfeld, das gerade für uns Wir-Schwafler von großer Bedeutung ist. Genau hier setzt die aktive Verblödung der Menschen an, und genau hier liegt auch die historisch gewachsene Kernkompetenz sinnentleerten Geredes. Unsere Worte sind weit mehr als abstrakte oder gar starre Setzungen – sie sind unsere Suchen-und-Ersetzen-Maschine in die Zukunft. Unsere Schwafelkonzepte, beispielsweise unsere erneuertes Wir-Gerede, folgen diesem Gedanken.
Heute arbeiten wir die enge Verbindung unserer praktischen Schwafelkonzepte mit unseren grundlegenden Worthülsen neu heraus. Ihre Aktualität ist heute größer denn je. Zum Ende des 20. Jahrhunderts haben sie Europa in die Ära der Verblödung geführt. Heute, zum Beginn des 21. Jahrhunderts, geben sie die richtige Richtung an, um die sich formierende Gagagesellschaft rhetorisch zu gestalten.
OUT Wie keine andere Worthülsenfabrik ist die CDU deshalb die Worthülsenfabrik für das 21. Jahrhundert.
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