piwik no script img

. . . schwächt auch die Nato-Diplomatie

Die internationale Gemeinschaft drängt auf Zugeständnisse an die Albaner. Ihre Rolle wird immer schwieriger

SPLIT taz ■ Die Lage in Makedonien hat die Strategie der internationalen Gemeinschaft dem Land gegenüber in eine tiefe Krise gestürzt. Denn trotz der Unterstützung der EU, der USA und der Nato für die Regierung der nationalen Einheit, in der auch die Albanerparteien eingeschlossen sind, gehen die Kämpfe mit den Aufständischen der UÇK ungebrochen weiter.

Die internationale Gemeinschaft hat die makedonischen Parteiführer und den Präsidenten Trajkovski davon überzeugt, der albanischen Bevölkerungsgruppe weitreichende Konzessionen in Bezug auf Selbstverwaltung und Sprache zu machen, um so der UÇK den Boden zu entziehen. Doch angesichts der militärischen Erfolge der UÇK scheint diese Politik nicht mehr richtig zu greifen. Nato- und EU-Vertreter erklären, man werde nicht hinnehmen, wenn „sich eine Gruppe von Bewaffneten in die Regierung schießen will“, wie der Chefdiplomat der Nato in Makedonien, Botschafter Hansjörg Eiff, formuliert. Die Nato stehe für die die territoriale Integrität Makedoniens und damit für die multikulturelle demokratische Republik, sagt Eiff weiter.

Makedonien sollte seit Mitte der 90er-Jahre im Rahmen eines Gesamtkonzeptes für Südosteuropa sowohl wirtschaftlich wie militärisch beschleunigt an den Westen gebunden werden. Erst kürzlich verbesserte die EU die Bedingungen für den Handelsaustausch und versprach Wirtschaftshilfen.

Militärisch wurde Makedonien schon 1995 vorsichtig an die Nato herangeführt. Seit 3. August 2000 ist Makedonien neben Albanien, Bulgarien, Estland, Lettland, Litauen, Rumänien, der Slowakei und Slowenien Teil des Konzepts „Partnerschaft für den Frieden.“ Und damit einher ging eine Reihe von Maßnahmen für die militärische Qualifizierung der makedonischen Sicherheitsorgane. So erhält Makedonien Unterstützung bei der Luft- und Bodenüberwachung. Eine Gruppe von operationellen Planern berät die Regierung bei der Grenzsicherung. Ausrüstung wurde geliefert. Auch in Albanien sind Nato-Fachleute dabei, die dortigen Grenztruppen zur Überwachung der Grenze nach Makedonien zu beraten. Darüber hinaus haben einzelne Nato-Mitgliedsstaaten, so Großbritannien, Militärberater für die Armee geschickt. Und die Nato-Truppen im Kosovo sollen die Grenze zu Makedonien verstärkt überwachen – was seit einigen Wochen fast lückenlos geschieht. Außerdem unterhält die Nato einige Stützpunkte in Makedonien – das Kontingent von mehreren tausend Mann stellt die Versorgung der KFOR-Truppen im Kosovo sicher. Deutsche Truppen sind beim Brandherd Tetovo, Belgier an der Frontlinie in Kumanovo stationiert.

Die Nato muss angesichts ihrer langfristig angelegten Strategie die makedonische Regierung unterstützen und gerät dabei in die Gefahr, ihren diplomatischen Spielraum gefährlich einzuengen. Die slawisch-makedonische Öffentlichkeit versteht die Unterstützung durch die internationale Gemeinschaft nämlich immer mehr als Freibrief, gegen die albanische Bevölkerungsgruppe insgesamt vorzugehen. Angesichts des sich ausweitenden Krieges scheint sich trotz aller gewichtigen Gegenargumente zu rächen, dass vor zwei Wochen die US-Diplomaten Frowick und Foley, die versucht hatten, die UÇK in die Verhandlungen einzubeziehen und damit auf den von ihr selbst angebotenen Waffenstillstand zu verpflichten, fallen gelassen wurden.

Auch die Formel der Regierung, es handle sich bei der UÇK um eine Gruppe von Terroristen, scheint angesichts der Verhältnisse innerhalb der albanischen Bevölkerungsgruppe schwer haltbar. Von dieser Einschätzung hängt ab, ob die UÇK tatsächlich durch die Reformpolitik isoliert werden kann. Sollte dies nicht gelingen, wäre die Politik der internationalen Gemeinschaft gescheitert, mit allen Risiken, die damit verbunden sind.

ERICH RATHFELDER

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen