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Filmreif in die Wurst

Gestern war wieder viel los. Eine Übersicht über die Ereignisse des Tages von  ■ Peter Ahrens

Das ist wieder so ein Tag. An dem alles möglich scheint. An dem die wildesten Sachen passieren. An dem du dich umschaust und denkst: Ja sagamal.

Folgendes wurde uns gestern zu Ohren gebracht: Die Zahl der Ehescheidungen in Schleswig-Hol-stein nimmt zu. Ebenso wie die Zahl der Rinderschlachtungen. Bei Bullen und Kühen wurde dabei fast das April-Ergebnis des Vorjahres wieder erreicht. Wo gerade von Bullen die Rede ist: 6, in Worten sechs, Streifenwagen haben einen Autodieb auf der A 23 zwischen Hamburg und Heide verfolgt. Erfolglos. Da ist doch was faul im Staate Innere Sicherheit. Die dpa spricht von einer „filmreifen Flucht“.

Um noch mal auf das Thema Schlachtungen zurückzukommen: Der Zukunftsforscher Matthias Horx sagt zu den Lebensmittelskandalen der vergangenen Epoche: „Vertrauen ist der Schlüssel zum Lebensmittelkauf der Zukunft.“ Die diese Botschaft in die Welt transportierende Pressemitteilung trägt die hübsche Überschrift: Mit der Lammkeule auf Du und Du. Horx führt als Beispiel die Internet-Schaf-Patenschaft bei italienischen Züchtern aus den Abruzzen an. Und die britische Somerset Farm informiert im Internet per Bild die KäuferInnen, wie ihre Lammkeule vor dem Schlachttermin aussah. Es gibt daneben, dieser Horx ist wirklich ein polyglotter und umfassend gebildeter Mensch, auch eine Homepage eines Schwandorfer Wurstfabrikanten (www.wurst.de), auf der mit 19 Webcams beobachtet werden kann, wie Tiere auf Du und Du in die Wurst kommen. Das ist doch auch interessant. Genau wie das mit dem Mecklenburger Bio-Bauern, der Ferkel zum Leasen anbietet.

Was sich sonst noch ereignete: Die Firma Jungheinrich, die vor Monaten an diesr Stelle schon einmal lobende Erwähnung fand („Man sollte nur noch Gabelstapler von Jungheinrich kaufen, finden wir.“ taz hamburg, 17.1.2001), hat als Folge dieser unverhüllten Schleichwerbung im redaktionellen Teil gestern platzend vor Stolz melden dürfen: Man könne sich über eine „Auftragswelle freuen“. Jungheinrich sagt jetzt im Gegenzug (zumindest legen wir ihm das in den Mund): „taz muss sein.“ An dieser Stelle sollte nicht ungenannt bleiben, dass „deutsche Präzisionswerkzeuge weltweit gefragt“ sind. Das meldet das Industriemagazin MM. Gabelstapler sind ja zweifellos auch Präzisionswerkzeuge. Schließlich werden bei Wetten dass? gern Gabelstapler benutzt, um ein rohes Ei auf ein Schnapsglas zu stellen, das wiederum auf einem Stapel der Marx-Engels-Gesamtausgabe steht. Wenn das mal keine Präzision ist.

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