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Der Tänzer liegt flach

Bei der Triathlon-Europameisterschaft in Karlsbad kann Stephan Vuckovic wegen eines Infekts nicht einmal zusehen, wie sich Filip Ospaly und Michelle Dillon die Titel holen

BERLIN taz ■ Das Jubeltänzchen auf der Zielgeraden blieb diesmal aus. Der, der es hätte aufführen sollen, lag am Tag der Entscheidung im Krankenhaus. Ein Magen-Darm-Infekt hatte Stephan Vuckovic, in Sydney Silbermedaillengewinner im Triathlon und durch seine Jubelpirouetten auf der Ziellinie zum glücklichsten Zweiten der Spiele geworden, schachmatt gesetzt und ihm kurzfristig sogar ein Bett im Hospital reserviert statt eines Podestplatzes bei der Kurzstrecken-EM im tschechischen Karlsbad. „Das ist ein Jammer, denn in der Qualifikation hatte Stephan angedeutet, dass er in Top-Form ist“, lamentierte Ralf Ebli, Cheftrainer der Deutschen Triathlon Union (DTU), über den kurzfristigen Ausfall seines Vorzeigeathleten. Noch am Donnerstag hatte Vuckovic das Ausscheidungsrennen über die Hälfte der Kurzdistanz souverän gemeistert und zumindest angedeutet, dass er erneut ein Kandidat für einen Platz auf dem Treppchen sein könnte.

Dieses besetzten in Karlsbad nach 1,5 km Schwimmen, 40 km Radfahren und 10 km Laufen schließlich der tschechische Lokalmatador Filip Ospaly, der sich völlig überraschend und nach 2:03:55,98 Stunden den Europameistertitel sicherte vor dem Spanier Ivan Rada (2:04:02,85) und dem Niederländer Eric van der Linden (2:04:20,01). Bei den Frauen gaben die Dreikämpferinnen aus Großbritannien den Ton an: Michelle Dillon holte den EM-Titel für das Königreich vor der Belgierin Kathleen Smet und Landsfrau Annie Emmerson.

Auch wenn den deutschen Dreikämpfern eine Medaille verwehrt blieb, ganz unzufrieden mit dem Abschneiden seiner Athleten im Kurort war der Bundestrainer nicht. „Die Form stimmt in Richtung WM“, richtete Ebli den Blick nach vorne, wo Ende Juli in Edmonton die Welttitelkämpfe warten. In Karlsbad zeigten in erster Linie Joelle Franzmann (Trier) und Andreas Raelert (Rostock), dass man auch international durchaus auf sie zählen kann. Beide waren sie lange bei der Musik, beide wurden sie am Ende Sechste, gut eine Minute hinter den Siegern. Dabei konnte sich vor allem Joelle Franzmann über weite Strecke glänzend in Szene setzen: Als Erste kam sie aus dem Wasser, als Erste stieg sie auch vom Rad, dann aber, nach fünf Kilometern auf der Laufstrecke, wurde sie vom Feld eingeholt. So blieb ihr am Ende lediglich der Trost, auf einem extrem schweren Laufkurs mit drei Steigungen von 16 Prozent bis zum Ende um die Medaillen mitgekämpft zu haben.

Stephan Vuckovic blieb in Karlsbad selbst das versagt. Bereits am Freitag, ausgerechnet an seinem 29. Geburtstag, legte ihn der Infekt flach. An einen EM-Start war noch nicht einmal zu denken, zur Kontrolle und Sicherheit ließen die DTU-Verantwortlichen den Olympiazweiten sogar ins Krankenhaus nach Bayreuth bringen. So blieb das Jahr nach Sydney weiter seuchenbehaftet für den Mann mit dem Kahlkopf, nach Rückenproblemen und einer Oberschenkelverletzung schon in der Saisonvorbereitung kommt Vuckovic einfach nicht in Schwung. „Ich stehe jetzt unter dem Druck, beweisen zu müssen, dass Sydney keine Eintagsfliege war“, weiß der Reutlinger, selbst für die WM ist er sportlich derzeit nicht qualifiziert. Teilnehmen wird er dennoch: Der Veranstalter hat ihm bereits eine Wildcard zugesichert – weil er in Sydney so schön gejubelt hat.

FRANK KETTERER

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