Bahn will 650 Jobs streichen

■ Bis 2005 sollen nur 200 von 850 Stellen im Ausbesserungswerk Sebaldsbrück übrig bleiben / Heute Demo / Wirtschaftssenator Josef Hattig will seine Kontakte nutzen und helfen

Im Sebaldsbrücker Instandhaltungswerk der Deutschen Bahn (DB) sollen bis zum Jahr 2005 rund 650 der 850 Stellen gestrichen werden. „Ich bin sehr enttäuscht“, sagte Betriebsratschef Peter Nowack, dem die Bahnvorstände gestern in Berlin die Kürzungspläne mitteilten. Nowack hofft jetzt, dass über Aufträge privater Bahnfirmen Jobs in Bremen gesichert werden können: „Aber 650 Jobs können wir damit nicht retten, das gibt der Markt nicht her.“ Allerdings habe ihm der Vorstand noch Gesprächsbereitschaft signalisiert.

Insgesamt will Konzernchef Hartmut Mehdorn bis 2003 in Deutschland acht der 18 Bahn-Instandhaltungswerke schließen und bis 2005 rund 6200 der heute 11.500 Jobs streichen. Der „zunehmende Zwang zur Wettbewerbsfähigkeit macht die Bündelung der Arbeiten nötig“, begründete die Bahn ihren Schritt. Immer wartungsfreundlichere Loks, Konkurrenz von Drittfirmen, auch aus Osteuropa seien die Ursache für den Stellenabbau. Bis 2005 würden 8,5 Milliarden Mark in neue Fahrzeuge investiert. Das mindere den Reparaturbedarf. Der Unternehmensberater Roland Berger hatte das Kürzungskonzept erarbeitet.

Natürlich würde der Personalabbau so sozialverträglich wie möglich gestaltet, hatte Bahnchef Mehdorn zu den 18 versammelten Betriebsräten gesagt. „Aber alles, was wir tun, muss getan werden.“ Dafür gebe es „jetzt endlich Planungssicherheit.“

In Sebaldsbrück werden seit 94 Jahren Loks repariert. 1967 stellten die Bremer von Dampf- auf Dieselfahrzeuge um. Heute überstehen hier 140 Loks pro Jahr den TÜV, Getriebe, Motoren und Drehgestelle werden überprüft. In den letzten zehn Jahren wandelte sich Sebaldsbrück zu einem der innovativsten Standorte des Konzerns: Pro Jahr tüfteln die Mitarbeiter bis zu 3.000 Verbesserungsvorschläge aus – dafür heimsten sie schon mehreren DB-Preise ein. Die Werksauslas-tung liegt nach Betriebsratsangaben bei bis zu 90 Prozent.

Offenbar hatten sich im Lauf des gestrigen Tages die Zeichen gegen die Sebaldsbrücker gewendet. Am Mittag hatte die Deutsche Bahn noch eine Pressemitteilung herausgegeben, nach der Bremen und Cottbus ungeschoren bleiben, dagegen das Instandhaltungswerk in Chemnitz, das auch Dieselloks wartet, dichtmachen muss. Allerdings deutete die Mitteilung bereits auf weitere Rationalisierungsschritte hin: Die verbleibenden insgesamt zehn Werke müssten ihre Produktivität um 25 Prozent steigern. Werkschef Hans-Joachim Seul hatte noch gegenüber der taz betont, dass es für ihn trotz bekannt gewordener Kürzungsgerüchte „keinen Grund zur Sorge gibt. Ich weiß, wie wir im Konzern dastehen: als eines der besten Werke.“

Erst in der Nachmittagssitzung in der DB-Konzernzentrale am Berliner Potsdamer Platz wurde klar, dass Bremen das am stärksten von Personalkürzungen betroffene Ausbesserungswerk ist. „Ich war optimistisch, weil wir im DB-Vergleich immer Top-Noten erhalten hatten“, betont Betriebsrat Nowack. „Mit 150 Stellen weniger hatte ich gerechnet, aber nicht mit so viel.“

Wirtschaftssenator Josef Hattig (CDU) sicherte den Bahnern bereits Hilfe zu. „Ich gehe davon aus, dass er seine guten Kontakte nutzen wird, um sich für Sebaldsbrück stark zu machen“, sagte Stefan Woltering vom Wirtschaftsressort. Heute wollen die Bremer Arbeiter um 11 Uhr gegen die geplanten Kürzungen protestieren.

ksc