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Sexy Musik-Flut an der Weser

■ Auf der Flut-Bühne tummeln sich Hochlichter der Unterhaltungsmusik

Nachdem schon am Eröffnungsabend der Breminale FlowinImmO symbolträchtig auf der Flut-Bühne Reime fließen ließ, sind dort am Donnerstag eher Gitarren zu hören, zwischen dem Sweet Punk der Bremer S.O'L., was immer noch die Abkürzung für Sauce O'Landaise ist und nach wie vor für eine Neigung zum Kulinarischen spricht, die S.O'L.-Sängerin Lea schon bei den Linda Potatoes umtrieb. Neulich war das Trio Infernal sogar im Radio und spielte „Fußball kommt nach Haus“ mit prominenter RB4-Singstimme. Später am Abend: Green Hornet, die Garage, Soul, Blues und Punk miteinander verquirlen, dass es eine Art hat, wie überhaupt derzeit in der Punkerwelt ein verstärktes Interesse an den musikalischen Wurzeln und Abseitigkeiten besteht, das erfreulich süffige Ergebnisse zeitigt.

Was immer sich wiederum unter „Sick Rock“ vorzustellen ist, entzieht sich unserer Kenntnis, wir wissen aber, dass die Band, die sich mit diesem Logo schmückt, mittlerweile zu einer ganz hervorragenden Band geworden ist. Seit Chung ihr Instrumentarium um eine Gitarre verminderten und um einen Bass und eine Orgel erweiterten, haben sie eine völlig neue Dynamik entwickelt. Mit nervösem Drive buchstabieren sie Intensität in der Manier großer hanseatischer Noise-Rock-Bands.

Danach gibt es New Wet Kojak zu bestaunen, einst von Musikern der Bands Girls Vs. Boys und Shudder To Think zur Kurzweil gegründet und mittlerweile deutlich aktiver als die Stammbands. Mit der Vokabel Post-Rock ist ihr Tun nur unzureichend beschrieben. Zwar teilen sie mit namhaften Postrockern die Neigung zum Jazz, der aber bei ihnen eher aus der schummrigen Lounge ums schmierige Eck kommt, und mit der Auflösung des Songformats und derlei haben sie auch nicht viel am Hut. Vielmehr geben sie uns auf den Weg: „Don't miss sexy fun!“, und meinen damit auch sich selbst. Nicht nur, weil sie damit zum ersten Mal in Deutschlands Norden zu sehen sind, dürfte ihr Auftritt ein Glanzlicht der Breminale werden. Nach der Live-Musik gibt es am Donnerstag wie an allen anderen Tagen an der Flut-Bühne die After Show Lounge, die Visual Movements verspricht, und das ist gut so, weil das Auge schließlich mithört.

Am Freitagnachmittag wird dann erstmal gesprochen, und zwar mit der durchaus nachdenklich machenden Vorlage „Jugend war immer scheiße – warum bleibt sie's nicht?“, bevor dann der Abend mit hippen Sounds zwischen dem Folk-TripHop der Beat Poets und dem NuJazz von Micatone weitere geschmackvoll ausgesuchte musikalische Höhepunkte bietet.

Die samstägliche Flut ist dann vor allem abends geradezu prädestiniert, sich die Glieder auszuschütteln. Nachdem sich am Nachmittag Kids in Concert zeigen, sorgen später Didj Master Philth mit Dance Music For Didgeridoo, Box Of Frox, deren Club-Trance groovy wie uplifting sein wird, und das Klangstrahler Projekt, das eine ekstatische Live-Trance-Sause verspricht, für gute Laune, bevor dann nach der Show wieder lässig gelounget werden darf.

Die Flut rollt schließlich am Sonntag aus, nachdem nachmittags wieder die Kids in Concert die Bühne bevölkert haben. Sabine und ihre rollenden Geschwister aus Bremen stimmen mit Pop und Rock auf den notorischen Meister Propper ein, der zum Poetry Slam lädt. Wer sich berufen fühlt, kann hier nachhaltig Eindruck in der kleinen aber feinen lokalen Beat-Bohême hinterlassen. A.S.

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